september 1995

wenn und aber

Du sollst Dir ein Bild wählen

Weil alle deutschsprechende Welt über das Kruzifix in der Klasse und auf dem Richtertisch spricht, weil ein weiblicher Spaß-vogel im Rang einer Unterrichtsministerin das Kreuz zum Zeichen der Toleranz ernennt und somit den Kopf des Nagels eindrucksvoll verfehlt, hier einige Gedanken über ganz anderes: den Kopf des Herrn Bundespräsidenten in unser aller Amtsstuben.

Rufen wir doch zur Privatisierung des HBP auf, selbstredend nur zu jener seines photographischen Abbildes. Begnügen wir uns nicht mit der Schmalspurversion, mit der wir zum Amtsantritt Herrn Klestils beglückt wurden, als wahlweise ein grinsendes und ein staatstragendes Gesicht im Angebot waren. Jeder mit Lizenz zum beruflichen Knipsen - ob man soviel Demokratie wagen kann, überhaupt alle mitmachen zu lassen, möge das Parlament entscheiden - soll nach jeder Präsidentenwahl eine Kollektion der besten Aufnahmen des Siegers dem hiesigen oder dasigen Amte zur gefälligen Begutachtung nebst womöglicher Bestellung in Form eines Aktes mit auszuarbeitenden Formularen der Staatsdruckerei und gehöriger Stempelmarke zukommen lassen dürfen.

Dieser Verquickung traditioneller Amts-tugenden mit den Vorzügen einer weitestgehend liberalisierten, wettbewerbsorientierten Wirtschaft entspräche zum Beispiel künstlerisch die Rückenansicht des Präsidenten auf einem Gipfel kurz vor Sonnenaufgang, aufgenommen im Tal, weil Aufnahmen von unten die Person größer erscheinen lassen, als sie es ist, den verborgenen Blick auf das Morgen gewandt. Doch, doch, das Gipfelkreuz darf als Symbol unserer Toleranz drauf sein.