september 1995

Harald Schlömmer

Salzburg ist anders!

Moraks »Programm« und Dechants »Realität«

Versäumt hat letztlich niemand etwas. Franz Morak, ÖVP-Kultursprecher - zu Gast in der Reihe »Im Kreuzverhör« in den Räumen des Kulturgelände Nonntal - konnte auch nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich die Politik, was Kultur betrifft, allerortens in der Krise befindet. Egal ob Bund oder Kommunen - die fetten Jahre, so sie denn welche waren, sind vorbei. Quotenfeilscherei ist angesagt. Mit populistischen Feldzügen sind momentan, das ist leider Tatsache, nur Stimmen zu gewinnen. Und eine Partei, die mit einem offensiven Kulturpaket Wahlen anzutreten gedenkt, ist ohnehin nicht in Sicht.

In der zweistündigen Diskussion mit Pressevertretern meinte Morak, daß »die Situation zwar schwierig, aber nicht katastrophal« sei. Er möchte in nächster Zeit den Kulturauftag des ORF unter die Lupe nehmen und sich um die Kreativfächer in der Schule kümmern. Auch wolle er »über den Kulturanteil am Bundesbudget nicht diskutieren, mit einem Prozent wird man ohnehin kein Budget sanieren können.«

Mit Kulturgelder Budgets sanieren zu wollen ist allerdings groß in Mode gekommen, zumal in Salzburg. Auf die kommunalen Probleme angesprochen zeigte sich Morak überrascht und versprach, mit dem Kulturressortleiter ein Gespräch zu führen. Über die inzwischen stattgefundene Aussprache war bis jetzt nichts zu erfahren.

Im übrigen sah sich der Kultursprecher der ÖVP während der Diskussion mit einem nahezu »mandatarfreien« Publikum konfrontiert. Von der ÖVP wollte niemand den Kulturchef aus Wien hören, und von den Kulturausschüssen Stadt und Land fand lediglich LAbg. Höggerl (F) den Weg ins Kulturgelände.

Durchgreifende Ideen mit programmatischem Charakter fehlten. Der Politik, und da ist Morak keine Ausnahme, sind Perspektiven abhanden gekommen. Die Strategien, davon abzulenken, sind verschiedene, wiewohl immer mit dem gleichen Ziel: WählerInnenstimmen. Und da von einem Programm nichts zu bemerken ist, wird die Realität ganz einfach dazu erhoben.

Unter dem Titel »Schlank und bürgerfreundlich« läßt Bürgermeister und Kulturressortleiter Dechant in der Septemberausgabe der »Salzburger In- formationszeitung« wissen, »das Ein-sparungen nicht zwangläufig zu einer Verringerung des Leistungniveaus führen«. Als Quelle dafür gibt Dechant die jüngst erschienene »Kulturstatistik 94« an. Trotz eines geringeren Kulturbudgets, so Dechant weiter, sei die Zahl der Kulturveranstaltungen und deren Besucher gleich geblieben. »Die Rechnung weniger Geld ist gleich weniger Kultur stimmt offenbar nicht, weil von den Kürzungen in erster Linie kulturelle Verwaltungseinrichtungen, wie etwa SPOT und der Dachverband der Kulturstätten, und nicht die echten Kulturschaffenden betroffen waren«.

Einige Kulturinitiativen sind von Dechants Sparkurs wirklich nicht mehr betroffen - nämlich jene, die entweder schon geschlossen wurden (Frauenkulturzentrum etc. ) oder ganz einfach ausgewandert sind (auf die Pernerinsel beispielsweise). Bei den verbliebenen Kulturschaffenden fragt Dechant nicht, unter welchen Bedingungen gearbeitet werden muß, um den status quo auch nur einigermaßen zu halten. Saisonarbeit, fast schon unwürdige Gagen für KünstlerInnen und unbezahlte Eigenleistung sind Normalität in der von Dechant auf Diät gesetzten Kulturszene.

Salzburg ist wirklich anders: »Schlank und bürgerfreundlich«!