september 1995

kurzfehler

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Das Nachrichtenmagazin »Profil« wird eine Abonnentin verlieren: Die Stadt Salzburg. Der

höchstrangige Leser der Stadt, Bürgermeister Josef Dechant, hat sich über einen am 17. Juli erschienenen Bericht von Christian Seiler so nachhaltig geärgert, daß er am 10.8. Magistratsdirektor Josef Riedl vor versammelter Stadtregierung höflich anwies, das »Profil« - Abo zu kündigen.

In dem Beitrag über die 75. Salzburger Festspiele wird über Dechant so resümiert: »Seine kulturpolitische Vision hieß: KEIN GELD! Das war ein Synonym für: KEINE IDEE. Dechant blieb tatenlos und polemisierte.« ORF-Intendant Friedrich Urban legt nach: »Wir müssen jetzt als Bittsteller auftreten und begegnen der alten, reaktionären Haltung: Die Hand, die uns füttert, will von uns gestreichelt werden!«

Vorerst braucht »Profil« allerdings nicht zu verhungern. Das Abo läuft noch bis Ende 96.

Salzburgs Freiheitliche zeigen sich in Sachen ARGE entwicklungspsychologisch von einer äußerst interessanten Seite. Wer geglaubt hat, bei den F sei mit der Übernahme von Fiktionen aus TV-Serien (Landesparteichef Karl Schnell: »Allein gegen die Mafia!«) in die Wirklichkeit schon das Schlimmste überstanden, irrt. Neuerdings gleiten die F auch in eine fäkal gewürzte Trotzigkeit.

Was war passiert? Anfang August hatte die ARGE-Nonntal auf die Verleihung des Landeswappens an die »Kronen Zeitung« - für besondere Verdienste um das Land - mit einem eigenen Antrag, das Wappen führen zu dürfen, reagiert. Motto: Unser Land besteht schließlich nicht nur aus »Krone«-LesernInnen.

Wie nicht anders zu erwarten, waren insbesonders die F erzürnt über diese Schmähung ihrer Hofberichterstatter. Der Salzburger Landtagsklubchef der F, ein weiland unbedeutender Herr namens Wolfgang Haider, bediente sich daraufhin via Presseaussendung des »Häuslschmähs«. »Das Landeswappen nicht auf jeden Klodeckel!«, forderte der aufgebrachte Anständige. Damit aber freilich nicht genug; das freiheitliche Zornbinkerl stampfte auch noch kräftig mit dem Fuß auf und verkündete trotzig: Sollte der ARGE die Ehre tatsächlich zuteil werden, würde der F-Klub »bestimmt darauf verzichten, das Wappen noch länger zu tragen.«

Landesrat Othmar Raus (SPÖ) hingegen befürwortet den Antrag aus dem Nonntal und leitete ihn an die zuständige Präsidialabteilung des Amtes weiter.

Ronald Escher, Chef der SN-Diskothek und dafür bekannt, aktuelle Popmusikformen in der Regel nur dann wahrzunehmen, wenn sie in Form von Revivals erneut die verklärten Sixties auf manchmal geradezu revisionistische Art und Weise wiederkäuen, hat uns unlängst nicht schlecht überrascht, als er in seiner Kritik der neuen Neil Young-CD »Mirror Ball« schrieb: »Der ‘Mirror Ball’ zählt seit den 70ern zur Grundausstattung sumpfiger Discos. Neil Young hat ihn wieder einmal eine Spur weitergedreht.«

Daß der Rezensent Discos für sumpfiges Gebiet hält, verwundert ja nicht sehr, daß er aber, einfältig wie Paul McCartney, diese Kugel nicht als jene des berühmten Fillmore West identifiziert (da haben immerhin solche Sixties-Kapazunder wie Grateful Dead, Jimi Hendrix, Frank Zappa, The Doors, Jefferson Airplane, Janis Joplin u.a. aufgespielt), gibt uns doch zu denken. Nicht nur, weil man das in jedem anderen Magazin und der Presseaussendung nachlesen und recherchieren kann, sondern weil Neil Young selber im Song »Downtown« davon singt (»Jimi’s playin’ in the back room/Led Zeppelin on stage/There’s a mirror ball twirlin’«) und auch das Cover á la San Francisco 1968/69 gestaltet ist. Es ist halt wirklich ein Kreuz, wenn sich die glitzernde Popmusik-Kugel als Dialog mit der Vergangenheit weiterdreht und nicht unter der Beatles-Käseglocke als nostalgisches Revival verharrt. Aber die nächste Paul McCartney kommt bestimmt, da sind dann die Welt und die Sixties wieder so harmonisch, wie sie sein sollen.

F - und kein Ende. So kann wohl die derzeitige Situation in der Publizistikförderung II des Ministerrats bezeichnet werden.

Die zur Verfügung stehenden acht Millionen Schilling finden keine Abnehmer, da die seit Juli ausstehende Entscheidung über die Vergabe der Förderung, mit der vorwiegend Kleinmedien bedacht werden, immer wieder verschoben wird. Grund dafür sind laut Insidern unzählige Formalanträge und -prüfungen des F-Beiratmitgliedes.

Daß die F hier bremsen würde, sei »eine mehr als beschönigende Formulierung«, ist aus den Ministerien zu hören.

Eine endgültige Entscheidung, welche Kleinmedien nun eine Förderung erhalten, wird auch für September nicht zu erwarten sein, da auf Betreiben des F-Mandatars eine Flut von Nachantragstellungen zu erwarten sein wird.

237 Mio. Schilling der »Besonderen Presseförderung« sind schon verteilt. Die Liste der Empfänger-Innen wird vom »Standard« mit knapp 35 Mio. angeführt, gefolgt von der Grazer »Neue Zeit« (34,8 Mio) und der »Presse« (29 Mio).

Auch eine Salzburger Zeitung nascht mit. Allerdings nicht, wie man meinen könnte, die »Salzburger Nachrichten«, sondern die ÖVP-nahe »Salzburger Volkszeitung«. Sie bekommt 14,5 Mio, was bei einer täglichen Auflage von 6700 Stk. einen Anteil von 7 öS pro Exemplar aus dem Steuertopf bedeutet.

Die leer ausgegangene »SN« hat den Bund übrigens »wegen der dadurch entstehenden Marktverzerrung« auf »Unterlassung« geklagt.

Keine stille Nacht in Oberndorf: Die örtliche Kulturinitiative KNIE, die für ihr im Juli organisiertes »Symposion am Salzachdamm« auch das Heimatmuseum adaptieren wollte, stieß auf taube Ohren. Der Fremdenverkehrsverband lehnte das Ansuchen elegant wegen eines Formalfehlers ab.

Weniger elegant geben sich wie gewohnt die Freiheitlichen. Edgar Laber, Druckereibesitzer und F-Mandatar in Oberndorf, schlägt den KulturinitiatorInnen vor, »lieber etwas zu arbeiten, als (am Salzachdamm) Gras zu zertreten.« Ein Wahnsinn sei es, daß für »angebliche Kunst« 40.000.- öS beschlossen werden, so der F-Mann weiter.

Merkwürdig, müßte Laber als Druckereibesitzer doch wissen, daß ein Gutteil der Kultursubventionen wieder in die Wirtschaft, gerade auch in Druckereien, zurückfließt.

Wie war das noch mit der Hand, die einen füttert?