oktober 1995

kommentar

Die Pressestelle der UNHCR, der United Nations High Commission for Refugees, an den »kunstfehler«:

Die sogenannte Drittlandsklausel des österreichischen Asylgesetzes bleibt weit hinter den völkerrechtlichen Mindestanforderungen zurück. Es wird nur geprüft, ob der Asylwerber während der Flucht im Augenblick des Betretens eines Drittstaates dort theoretisch sicher war. Ob er dies zum Zeitpunkt einer Rückkehr dorthin ebenfalls noch wäre, ob er in den Drittstaat tatsächlich zurückkehren kann und ob er dort Zugang zu einem fairen Asylverfahren hätte, wird nicht berücksichtigt. Selbst Staaten, wo offenkundige und massenhafte Menschenrechtsverletzungen auf der Tagesordnung stehen, werden von den Behörden als sichere Drittländer bezeichnet.

Nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen erlangt ein Asylwerber für die Dauer des Asylverfahrens in Österreich eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung. Diese Voraussetzungen können praktisch von keinem Asylsuchenden erfüllt werden. Das führt dazu, daß sich mehr als 90% der Asylwerber während des Verfahrens illegal in Österreich aufhalten. Sie laufen Gefahr, von der Fremdenpolizei außer Landes geschafft zu werden, noch bevor das Asylverfahren abgeschlossen ist.

Rund 10% aller Asylverfahren werden abgewickelt, während der Asylwerber in Schubhaft sitzt. Das stellt für die Betroffenen nicht nur ein immenses psychisches Problem dar (Gefangensein, ständige Angst vor Abschiebung), es erschwert ihnen auch rein technisch die Abwicklung ihres Asylverfahrens (Zugang zu Telephon, Verfügbarkeit von Schreib-utensilien und Briefmarken, Kontakte zu Dolmetschern, Flüchtlingshelfern und Anwälten, Sprachprobleme, Kenntnis des Rechtssystems).

Asylanträge 1. Halbjahr 95 positiv

erledigt

Jugosl. Föderation 530 52

Bosnien-Herzegowina 514 247

Irak 265 65

Iran 242 71

Türkei 198 20

Indien 88 0

Liberia 81 ?

Afghanistan 58 3

Rumänien 50 20

GUS 45 5

Österreichweit insgesamt 2.525 Personen aus 52 Staaten.

Anerkennungsquote im 1. Halbjahr 1995: 23,4%.