Philipp Anz, Patrick Walder (Hsg.) »Techno.«

In großen Lettern prangt es vom überaus attraktiven holographischen Muster des Covers: techno. Nicht ganz unbescheiden gibt sich dieses zur Zeit im deutschsprachigen Raum zweifellos umfassendste Buch zum Thema als Techno-Bibel. Zwischen »enter« und »quit« auf den inneren Umschlagseiten wird im anschaulichen graphischen Gestus von PC-Benutzeroberflächen überall dorthin geführt, wo Musik, wo Lebensstil unter den Sammelbegriff Techno zu bringen sein könnten. Ein ultimatives Werk, würde die Zeitgeistkolumne sagen, und diese ist manchmal nicht allzu weit entfernt ist von der Schreibe, wenn wir etwa DJs, die Kultstatus erlangt haben, bei der Arbeit und in der Freizeit über die Schulter schauen dürfen. Nichtsdestotrotz liefern die unzähligen AutorInnen, die von den Züricher Herausgebern Patrick Walder und Philipp Anz versammelt wurden, auf beinahe 300 Seiten ein plastisches Bild von jener Szenerie, wo in den letzten Jahre, wenn wir von sowas wie »jugendkultureller« Mobilisierung reden, die Post abgegangen ist wie sonst nirgendwo. Das Buch macht sich gleichzeitig auf die Suche nach einer angemessenen Verbalisierung dessen, was bei Raves oder beim Herumwerken mit elektronischem Werkzeug passiert. Die Stilkunde erstreckt sich von einem historischen Exkurs, der im Aufzählverfahren von Stockhausen über Can, Kraftwerk, Suicide und Disco nach House ausholt (und Dub beiseite läßt), führt durch den stilistischen Dickicht zwischen Detroit, Ambient und Jungle, gibt technische Anleitungen für Heimwerker. Körper & Sex, Drogen & Gesellschaft, Politisierung & Kommerzialisierung kommen zur Sprache, durch die Schreiberzunft ebenso wie durch Fans. In mehr (Hanspeter Künzler) oder weniger (Jürgen Laarmann) differenzierter Weise argumentiert das Buch auch gegen die platte Behauptung, der Genuß von Raves sei lediglich eskapistisch und habe nichts Politisches an sich. Als Begleitlektüre zum Abtanzen wird sich das Buch Techno allenfalls bewähren.