november-dezember 1995

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Beraten, fördern, schützen

Frauenpolitik und Aufgabenreform. Dagmar Stranzinger, die Salzburger Frauenbeauftragte, zieht Bilanz

Vor rund einem Jahr hat der Senat der Stadt Salzburg die Verwaltung beauftragt, eine Aufgabenreform zu erarbeiten. Vor wenigen Wochen wurden nun die Ergebnisse bekannt und von Bürgermeister Dechant der Öffentlichkeit präsentiert. Eine Gruppe männlicher, gutbezahlter Spitzenbeamter hat in mehrmonatigen Recherchen sämtliche Aufgaben nach dem Kriterium der Pflichtaufgabe bzw. der freiwilligen Leistungen sondiert. Mit diesem Beurteilungsmaßstab hat sich die Verwaltung Urteile über die Erforderlichkeit von Leistungen und Einrichtungen angemaßt. Letztlich versuchte sie damit zu definieren, was Tätigkeit einer Stadtverwaltung ist und was nicht.

Demgegenüber blieben Vorschläge zur Straffung der Arbeitsabläufe weitgehend ausgeblendet.

Die zahlreichen geforderten Ein-sparungsmaßnahmen im sozialen, kulturellen und ökologischen Bereich wurden ohne jegliche Begründung angeführt.

Eines der zentralen Vorhaben war die Abschaffung des Frauenbüros, der Frauenbeauftragten der Stadt Salzburg sowie aller Subventionen an Frauenprojekte.

Die Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung hatten aber eines unterschätzt. Salzburgs Frauenprojekte stellten sich in ihrer ganzen Vielfalt einmütig gegen diese arrogante Vorgangsweise. Auch SPÖ und Bürgerliste beharrten bis zuletzt konsequent auf den Weiterbestand des Frauenbüros und der Subventionen. Dadurch ist es gelungen, das Frauenbüro zu erhalten. Ein Erfolg ist dies jedoch nur zum Teil. Die Psychologinnenstelle des Frauenbüros wurde eingespart, denn Beratung für Frauen in sozialen oder psychologischen Notsituationen sei nicht Pflichtaufgabe der Stadt, heißt es lapidar. Daß sich die betroffene Mitarbeiterin derzeit auch noch in Karenz befindet, ist einmal mehr frauenspezifisches Schicksal. Der Aufschrei verhallt.

Bei näherer Betrachtung der Aufgabenstellungen des Frauenbüros treten mögliche Motive seiner Abschaffung zutage:

Wir beraten Frauen. In unser Büro kommen täglich viele Klientinnen mit unterschiedlichsten Anliegen. Sie finden in uns Ansprechpartnerinnen in sozial und psychologisch schwierigen Situationen; sie erhalten Rechtsauskünfte; sie erfahren, welche Anlaufstellen für ihre Probleme die richtigen sind. Dabei sind wir stets parteiisch - im Sinne der Frauen. Der feministische Hintergrund unserer Arbeit unterscheidet uns wohl am deutlichsten von anderen - für beide Geschlechter zugänglichen - Beratungsstellen.

Wir fördern Frauen. Innerhalb und außerhalb des Magistrats treten wir für die Gleichbehandlung von Frauen ein. Innerhalb der Stadtverwaltung sind wir etwa für die Umsetzung des 1992 vom Gemeinderat beschlossenen Frauenförderungsprogramms mitverantwortlich. Darin ist festgeschrieben, daß Frauen bei gleicher Qualifikation systematisch vorzuziehen sind. Unter anderem soll damit erreicht werden, daß Frauen vermehrt in Führungspositionen gelangen. Dazu wird die Frauenbeauftragte bei Bewerbungsverfahren zugezogen. Diese Aufgabe tangiert offensichtlich wesentliche Interessen männlicher Entscheidungsträger. Beamte haben ein Motiv, sich die Aufstiegskanäle nicht durch Frauen verbauen zu lassen.

Wir schützen Frauen. Ein weiteres Beispiel aus unserer internen Arbeit: Im Bereich der Reinigungsfrauen, die als erste von Rationalisierungen betroffen waren, konnte unter Einbeziehung des Frauenbüros einiges an Verschlechterung verhindert werden. Anwaltschaftlich für Frauen tätig zu sein, die unter Druck geraten, ist offenbar unangenehm. Die Sparpolitik der kommenden Jahre wird uns in dieser Hinsicht viel Arbeit schaffen. Es gilt, sich für Frauen einzusetzen, die oft die ersten Opfer von Einsparungsmaßnahmen sind.

Dies macht den Versuch verständlich, sich einer lästigen, unbequemen Fraueninteressensvertretung mit dem Sparargument zu entledigen.

Das Frauenbüro ist der institutionalisierte Ausdruck der Bedeutung von Frauenpolitik in einer Komune. Trotz der nunmehr erschwerten Bedingungen unserer Arbeit sind wir doch durch die Solidarität zwischen den Frauen und Frauenprojekten gestärkt hervorgegangen. Insoferne gehen wir auch weiterhin mit Kraft an zukünftige Projekte. Unter anderem läuft gerade das erste Salzburger Frauen-Wohnbau-Projekt an.