jänner-februar 1996

Didi Neidhart
gelesen

Ralf Reinders/Ronald Fritsch

»Die Bewegung 2.Juni« Gespräche über Haschrebellen, Lorenz-Entführung, Knast (Edition ID-Archiv)

Innerhalb der militanten BRD-Linken der 60er/70er Jahre war die Bewegung 2. Juni soetwas wie die berüchtigten bunten Hunde. Subkulturelle Styles (lange Haare, Rockmusik, Drogen) und politische Aktionen verknüpften sich zu subversiven Praktiken, die sich deutlich vom elitären Avantgarde-Anspruch der RAF unterschieden, die diese lumpenproletarische Spaßguerilla mit zerfetzten »Legalize It«-T-Shirts auch mit Skepsis beäugte.

In einem fast lakonischen, nichts verklärenden Stil dokumentieren die Gespräche programmatisch die verschiedenen Phasen der Politisierung (Erstürmung der Waldbühne beim Rolling Stones-Konzert 1964), Radikalisierung (Erschießung Benno Ohnesorgs am 2.Juni 1967) und des wachsenden militanten Widerstands, zeigen aber auch das Auseinanderbrechen einer Protest-Bewegung, die anfänglich aus Studenten, Jungproleten und Rockern bestand.

1969 entstand als Reaktion auf die zunehmende Kaderbildung innerhalb der Studenten der »Zentralrat der umherschweifenden Haschrebellen«, aus dem später die Bewegung 2.Juni hervorging, deren Aktionen durch situationistische Elemente, Pop-Zitate (bei Banküberfällen Süßigkeiten verteilen, Ton Steine Scherben-Zitate in Erklärungen, den Schlagertitel »So ein Tag, so wunderschön wie heute« als Codewort bei der Lorenz-Entführung verwenden) und dem Versuch, Gewalt auf ein Minimum zu reduzieren, gekennzeichnet waren.

Ein gerade wegen seiner irritierenden Comic-Strip-Elemente (manches liest sich wie ein real gewordener Italo-Western) wichtiges Stück linker Oral History.