jänner-februar 1996

Birgit Feusthuber
zu gast

fantasies nr. six

Die eine fühlt sich wie Mutter Erde, von einer riesigen Sämaschine besamt, der andere eliminiert Kopf- und Schamhaare von drei Frauenkörpern gleichzeitig, dem nächsten ist der Klaps auf den Po mittendrunter die höchste Lust, Hund und Kuchen bereiten einer anderen wiederum orgiastische Höhenflüge. Sex zieht immer und so drängten sich die Massen, als an drei Novembertagen die Arge-Eigenproduktion »Fantasies Nr.Six« über die Bühne ging. Wer sich tiefsinnige Erkenntnisse über die Tiefen und Höhen menschlicher Lustphantasien erwartet hatte, saß in der falschen Veranstaltung: die authentischen Berichte, die Nancy Friday in ihren Dokumentationen zusammengetragen hat, bildeten die Vorlage für zum Teil großartiges Schauspieltheater - nicht mehr und nicht weniger. Manche bauten ihre »Nummer« kabarettistisch aus, andere (wenige) schlüpften hinter die jeweilige Person, ließen auch ernstere Töne in ihrer Darstellung anklingen. Das Publikum zeigte sich begeistert, harrte konzentriert bis weit nach Mitternacht aus - und an den siebzehn SchauspielerInnen vom Landestheater, der E-Bühne, dem Schauspielhaus Graz sowie der Freien Szene, die zum ersten Mal an einem gemeinsamen Projekt arbeiteten, war der Spaß an der Freizügigkeit »ihrer« Geständnisse, dem lustvollen Ausloten »fremder« Phantasien bis in die kleinste Geste ersichtlich.