jänner-februar 1996

Mario Jandrokovic

Quo vadis, ARGE?

Band Aid - und danach?

Das Organisationsteam des ARGE Band Aid legte bei der letzten Vorstandssitzung ein Papier vor, das einmal grob den Stand der Dinge und eventuelle Stoßrichtungen für die Zukunft umreißt. Übrigens decken sich die Fragestellungen und Forderungen an das Kulturgelände teils mit jenen, »die Anfang der 80er Jahre von der ARGE Rainberg an Stadt und Land Salzburg gestellt wurden«.

Die unumstrittene symbolische Größe, die die ARGE als Bollwerk einer freien Kultur gerade in Zeiten wie diesen besitzt, wurde beim Band Aid deutlich bewiesen. Zum Anlaß wurde von allen an einem Strang gezogen - allein schon weil allgemein klar war, daß ein erfolgreicher Schlag gegen die ARGE die Hemmschwelle für die praktizierte Kulturpolitik der verbrannten Erde drastisch herabsetzen würde. Doch das einträchtige, dialogfreudige Miteinander von Grüppchen und Generationen konnte nicht darüber hinwegtäuschen, daß die symbolische Unterstützung der ominösen symbolischen Größe ARGE kein an- dauernder Zustand war. Die hier zusammengetrommelte Basis von KünstlerInnen und BesucherInnen hatte sich von der ARGE schon längst verabschiedet.

Das dreiseitige Papier der Band- Aid-OrganisatorInnen weist auf eben dieses hin: Umfragen beweisen, daß für jüngere Semester (16 bis 25) die ARGE, verglichen mit anderen Kulturstätten der Stadt, keinen besonderen Stellenwert besitzt; zur Sprache gebracht wurde auch der oftmals und vielerorts vernommene Unmut darüber, daß die zahlreichen Bands, die sich gerne für das Band Aid einspannen ließen, ansonsten aus dem Veranstaltungsplan des Kulturgelände im großen und ganzen ausgespart bleiben, daß es also - um es an diesem Beispiel aufzuhängen - mit der Basisarbeit nicht allzu weit her ist.

Die Wünsche, die das Papier zum Ausdruck bringt, sind mehr Kooperation mit anderen Einrichtungen - von Schulen über Jugendzentren bis zu Jugend-Service-Stelle, Rockhouse oder Schnaitl - und vor allem auch mehr Einbindung des vor Ort vorhandenen jungen künstlerischen Potentials. Wenn die VerfasserInnen des Papiers, gleichsam in Stellvertreterfunktion einer nicht vertretenen Jugend, das Heil in einer neuen Jugendlichkeit der ARGE suchen, so erinnert dies nicht von ungefähr auch an die Forderungen der ARGE Rainberg an Stadt und Land von vor über zehn Jahren. Und auf jeden Fall werfen sie damit die brisante Frage auf, wem das Kulturgelände denn eigentlich »gehören« soll.

Der strategische Griff zur Jugend hilft dabei, Probleme zu verdeutlichen, die durch die kritische Größe einer zweifellos notwendigen Professionalisierung auftauchen. Denn wenn das Kulturgelände nur noch als Enklave eines veranstaltenden Kuratorenkartells fungiert, hat es sich von der Idee eines offenen Geländes verabschiedet und verkommt zum bloßen Anhängsel der im Papier angesprochenen »Event-Kultur«; und dies wird mit Basisentzug bestraft. In diesem Falle könnte die ARGE ihre Existenz allerdings nicht mehr kulturell und politisch, sondern lediglich mit den vielerorts beliebten ausgeklügelten PR- und Marketingkonzepten legitimieren.