märz 1996

schön und gut

Die Fress Schnecke

Geplagte Eltern kennen das Problem: Die Kleinen wollen ihren Geburtstag bei Mac Mampf feiern. Soll Omas Torte doch verschimmeln! Auch Koch oder Köchin weiß um die Schwierigkeiten bei der Nahrungsmittelbeschaffung: Wer nicht zu den donnerstäglichen Schrannenprofis zählt, findet in Supermärkten leichter Paradeiser aus Utrecht denn aus Wals-Siezenheim, Käse aus Frankreich statt Emmentaler aus dem Innviertel.

Der zunehmenden Vereinheitlichung, dem EU-Agrarmonopolismus in unseren Kochtöpfen - »Ja natürlich« hin oder her - hat die Slow-Food-Bewegung den Kampf angesagt. Der Verein kämpft um die Erhaltung und Förderung von Kulinarischem mit stark regionalem Bezug. »Bewegung« mag etwas hoch gegriffen erscheinen, aber immerhin haben sich weltweit bereits über 50.000 Menschen hinter ihrem Wappentier, der Schnecke, versammelt. Vor nicht ganz einem Jahrzehnt in Italien als Reaktion auf die magengeschwürträchtigen Fast-Food-Tempel gegründet, hat Slow-Food mittlerweile Anhänger in Spanien, Frankreich, Deutschland, Österreich und sogar in den USA gefunden.

Man mag über mögliche kommerzielle Hintergründe bei den Slow-Food-Chefs spekulieren oder zurecht die Gourmet-Allüren der ausgefressenen Toskana-Fraktion belächeln, unumstritten bleibt die Qualität einzelner Slow-Food-Ergebnisse. Das derzeit wertvollste ist zweifelsohne »La Cucina Casalinga«. Das im Droemer-Knaur-Verlag erschienene italienische Kochbuch - um finanzierbare 298 Schilling - gibt einen kochbaren Einblick in »die traditionelle Landküche Italiens«. Und ganz nebenbei wird Verschiedenstes zu den typisch italienischen Spezialitäten erzählt. Wer weiß schon, daß die Spaghetti alla carbonara eine Erfindung der Amerikaner sind?