april 1996

Mario Jandrokovic
gehört

Klezmer auf Trikont

Klezmer auf TrikontDas Münchner Trikont-Label hat während der letzten Jahre unter anderem auf überaus fundierte und schlaue Weise »Volksmusik«-Kompilationen von nah (etwa Oberös-terreich) und fern (wie zum Beispiel Lousiana) herausgegeben, die sich so einfach nicht musikethnologischen Schemen unterordnen lassen und dadurch auch den Kanon an Zuschreibungen, was nun für die Kultur eines bestimmten Gebiet oder einer bestimmten Bevölkerungsgruppe zu einer bestimmten Zeit so verbindlich und typisch sein sollte, weit hinter sich lassen. Vor nunmehr einigen Jahren ist unter dem Titel »YIKSHES. Frühe Klezmer-Aufnahmen von 1907-1939« nicht einfach nur ein musikalisches Zeugnis der durch den Holocaust verschwundenen Welt des osteuropäischen Judentums erschienen, sondern insbesondere auch ein Dokument der Wandlung dieser Musik, gerade ihrer Verschmelzung mit Jazz, im New York während der Zwischenkriegszeit. Die beiden kürzlich erschienenen Sampler, »DOYRES. Traditional Klezmer Recordings 1979-1994« und »SHTEYGERS. New Klezmer Music 1991-1994«, bringen Tonmaterial aus jener Zeit, wo die in der Versenkung verschwundene musikalische Tradition als Mittel eines modernen jüdischen Selbstverständnisses, das nicht Religiosität voraussetzt, wiederauflebte. Und die vermeintlich traditionalistischen älteren Herrschaften spielen nicht unbedingt weniger knackig als die innovativen, stilbrechenden Bands des »New Klezmer«.