april 1996

Didi Neidhart
kommentar

GULDA - FLITE TRHU THE NITE (erste Hörprobe)

Wenn sich Friedrich Gulda an sein Clavinova setzt, wird er ein Kind, das sich genüßlich mit seinem Lieblingsspielzeug amüsiert, dabei bis über beide Ohren glückselig vor sich hingrinst und den Schalk vom Nacken neben sich auf den Klavierhocker heruntergleiten läßt.

Die von den bisherigen Versuchen Guldas, Mozart und aktuellen Dance- floor zu koppeln, schon mit hinreichend Rohmaterial versorgte Skepsis verdünnisierte sich dann auch im Nu. Unterstützt von voraufgezeichnetem Material zwischen funky House-Tracks (also dem sexy und soulfullen, nicht männlich-weiß dominierten Gegenentwurf zum teutonischen Techno-Gehämmere) und rudimentären Mozart-Akkorden, fließen heterogene Elemente zusammen, erzeugen Reibungsenergien, verlieren sich in kleine Strudel, brechen plötzlich auseinander und formieren sich neu. Mozart potenziert Dancefloor, Dance- floor potenziert Mozart, und Gulda potenziert sich selbst, ohne dabei neue Hierarchien zu etablieren oder alte einfach »gleichberechtigt« nebeneinanderzustellen, was im Endeffekt auf den selben Mist, nur modernistisch getarnt, hinauslaufen würde. Die Tautologie »die Feier feiern« erscheint so als barockes Ereignis des lustvollen Genusses von Metamorphosen. Vielleicht deshalb, weil Gulda niemandem mehr beweisen muß, daß er interpretieren und improvisieren kann und »Jugendlichkeit« nicht dadurch exekutieren muß, indem er wie wild über die Tasten hudelt.