april 1996

Ursula Rotter

Ab ins letzte Jahrhundert

Frauen, Kinder, Küche?

Beruf und Familie dürfen kein Widerspruch sein. (F. Vranitzky, 1994)

Es stinkt. Und zwar ganz gewaltig. Die Damen (die, die es sich schon gerichtet haben) und Herren Staatsväter haben so einiges beschlossen. Angeblich zu unser aller Wohl. Doch auf der Strecke bleiben werden wieder diejenigen, die das Glück schon jetzt nicht bevorzugt hat: Frauen, Kinder, AlleinerzieherInnen.

Letztere trifft es gleich doppelt und dreifach. Zum einen, weil in Zukunft die Geburtenbeihilfe, eine Art »Startkapital« nicht mehr ausbezahlt wird. (Der Second-Hand-Markt wird wieder blühen, denn einen neuen Kinderwagen um 10.000 Schilling kann sich dann so schnell keine(r) leisten). Zum anderen reicht das bißchen Karenzgeld plus Familienbeihilfe für viele bereits jetzt kaum zum Überleben. Die alleinerziehenden Mütter sind also gezwungen, etwas dazuzuverdienen.

Um einige Stunden halbwegs in Ruhe arbeiten zu können, ist allerdings ein Kleinkind-Betreuungsplatz nötig. Und die sind bekanntlich ziemlich dünn gesät (die prozentuelle Deckung im gesamten Bundesland beträgt 1,2%). Zusätzlich verschärft wird die Situation in Zukunft noch durch die Verkürzung der Karenzzeit um ein halbes Jahr. Was den Run auf Betreuungsplätze erneut verstärken wird. Derzeit gibt es allein in der Stadt Salzburg nicht einmal genügend Krabbelstuben- bzw. Tageselternplätze, um nur die Kinder der AlleinerzieherInnen zu betreuen (von 4.260 Kindern unter drei haben 8,5 % einen Platz; um jedoch allein die Kinder aus solchen Kleinstfamilien zu bemuttern, bräuchte man zumindest eine 11prozentige Deckung). Doch da tut sich bereits das nächste Problem auf: Nicht genug, daß das einst vielgefeierte zweite Karenzjahr nur mehr kleinwinzig dasteht, haben die Verhandler auch noch die „Kindergartenmilliarde“ gekappt. Wie also soll in Zukunft der Alltag von Müttern mit kleinen Kindern aussehen? Kein Betreuungsplatz, keine Arbeit, kein Geld? Kein Leben?

Dagmar Stranzinger, Frauenbeauftragte der Stadt, gerät ziemlich in Zorn, wenn sie über die momentane Situation nachdenkt. Für sie ist das Sparpaket schlichtweg ein Belastungspaket. Eine Summe von Maßnahmen, die vor allem zu einer eklatanten Verschlechterung der Situation der Frauen führt. Die Frauenbeauftragte fürchtet eine massive Verarmung von Frauen, und vor allem von Alleinerzieherinnen. Sie glaubt, daß die meisten - da so schnell keine neuen Kleinstkinderplätze entstehen werden - von der Karenz nahtlos in den Sondernotstand und das letzte halbe Jahr vor dem Kindergarteneintritt in Notstand gehen werden. Die finanzielle, aber auch die psychische Belastung der Mütter wird, so Stranzinger, enorm werden. Nach drei Jahren ausschließlich häuslicher Tätigkeit wieder in einen Beruf einzusteigen, wird für die Frauen schwer werden. Wie schwer, werden die Arbeitslosen-Statistiken in einigen Jahren beweisen.

Mit dem neuen konservativen Wind, der Frauen wieder an den Herd verbannen will, kann sich naturgemäß auch Gabi Burgstaller nicht anfreunden. Die SP-Klubobfrau im Landtag kämpft verbissen, um die Folgen des Sparpakets etwas zu bremsen. Als ersten Schritt will sie versuchen, die geplante Novelle zum Tagesbetreuungsgesetz noch unter Landeshauptmann Katschthaler durchzubringen. Der Ende April aus seinem Amt scheidende LH hat sich zuletzt in Sachen Kinderbetreuung durchaus kompromißbereit gezeigt. Wenn der Plan der ehrgeizigen SP-Politikerin aufgeht, tritt die Novelle Mitte September in Kraft. Damit würde für alle Betreuungseinrichtungen zumindest das alljährliche Kaffeesudlesen zur Erstellung eines Finanzplanes für das folgende Jahr entfallen. Denn das runderneuerte Tagesbetreuungsgesetz verspricht eindeutigere Vorgaben. Ob und wieweit mit der Novelle auch das Problem der allzu wenigen Betreuungsplätze gelöst werden kann, bleibt abzuwarten. Wenn allerdings die derzeit herrschende Ignoranz unter den - vor allem männlichen - Politikern schwarzer Couleur nicht geringer wird, dann, so fürchtet Burgstaller, „werden wir wieder eine neue Dohnal brauchen“. Damit die Frauen nicht ins letzte Jahrhundert zurückgestoßen werden.