april 1996

an uns

LeserInnenbriefe

ARGE Pfui!

Konnte im letzten Jahr die obligate Abendkleidung beim ARGE-Ball noch als Faschingsscherz bzw. einmaliger Ausrutscher angesehen werden, so muß sie heuer wohl als eindeutiges Signal zur kulturpolitischen Situation in diesem Lande gesehen werden.

Noteby: Jegliche Form von Kleidungspflicht würde wohl einer vereinsrechtlichen Prüfung nicht standhalten, da demenstprechende Regelungen aus den Statuten der ARGE nicht ableitbar sind. Einzige darin erkennbare Kriterien zum Besuch von Veranstaltungen sind Mitgliedschaft und Bezahlung des Eintrittspreises!

Wer sich noch an die Diskussionen rund um die sog. Techno-Parties in der ARGE (Fremdveranstaltungen) vor einigen Jahren erinnern kann, der/die wird wissen, daß eines der Hauptargumente gegen diese damals war, daß ARGE-Mitglieder aufgrund ihrer Nichtanpassung an die dort herrschenden Kleidungsnormen keinen Einlaß fanden. (Deswegen kam es auch zu zahlreichen Beschwerden von Mitgliedern - jedeR, der/die die ARGE wichtig findet, sollte ihr diese auch in diesem Fall wieder wünschen.) Nunmehr versagt die ARGE selbst als Veranstalter Mitgliedern aufgrund von ihr festgelegter Kleidernormen den Einlaß. Widerspruch oder Mutwille?

Worum es bei dieser die Freiheit des/der einzelnen beschneidenden Maßnahme geht, ist fraglich. Die traditionelle (bürgerliche) Ausdrucksform des Balles zu verfremden könnte als fortschrittliches kulturelles Ereignis angesehen werden. Sie jedoch in einem ihrer wesentlichsten Bereiche, was Kleidungszwang - der letzlich nichts anderes als Konformitätsdruck unserer (bürgerlichen) Gesellschaft widerspiegelt - mit Sicherheit ist, unhinterfragt zu übernehmen, kann schlichtweg als unvereinbar mit einer fortschrittlichen Kultureinrichtung bewertet werden.

Was also als (denk)mögliches Motiv übrigbleibt, ist die Möglichkeit, an einem Abend im Jahr ans große Geld zu kommen. Ob dies allerdings als primäres Ziel einer Veranstaltung nicht im Widerspruch dazu steht, überkommene kulturelle Formen aufzubrechen, möge jedeR für sich selbst entscheiden.

Wenn auch viele der Veranstaltungen der ARGE (insbesondere die sensationelle neue Reihe Liquid Planet) als kulturpolitisch fortschrittlich anzusehen sind, diese eine auf jeden Fall stellt einen offenen Bruch mit der restlichen Linie des Vereins dar. Es ist nicht nur so, daß sie eine Anbiederung an den momentanen ekelhaften Zeitgeist darstellt, sondern auch an diejenigen, die Zwang und Konformismus in unserer Gesellschaft zur Durchsetzung ihrer Interessen benutzen.

Wer Abendkleidungszwang zur Aussaat bringt, wird Haider & Co ernten. Insoferne nochmals: ARGE PFUI!

Axel Magnus / 5020 Salzburg