mai 1996

Lydia Schmidt

Das Kofferradio

Salzburgs Privatsender »Radio Melody« - eine Halbjahresbilanz der Funkamateure

Rund 32 Prozent der Salzburger RadiokonsumentInnen hören »Radio Melody«. Damit liegt der Salzburger Privatsender laut einer Gallup-Erhebung vom Jänner dieses Jahres hinter Ö2/Radio Salzburg (41 Prozent) und Ö3 (38 Prozent Tagesreichweite) am dritten Platz der Salzburger Radiostationen. Bei der Wochenreichweite - »Haben sie letzte Woche (...) gehört?« - kommt der Sender am Messezentrum auf rund 55 Prozent.

Die Studie ist mit Vorsicht zu genießen, zumal sie vom »Melody«-Management selbst in Auftrag gegeben wurde. Eine beinahe zeitgleich geführte Fessel/Gfk Umfrage - vom ORF finanziert - wies für »Radio Melody« eine Tagesreichweite von etwas mehr als 15 Prozent aus. Ö2 kam auf über 44 und Ö3 auf knapp 34 Prozent.

Prognosen über die Zukunft des nach der »Antenne Steiermark« zweiten österreichischen Privatradios wagt freilich niemand. Zu sehr hängt der Boulevardsender - Motto: So wenig Wort wie möglich - finanziell in der Luft, und zu unübersichtlich sind die politischen Verstrickungen, die »Melody« von Anfang an begleiten.

Voraussehbar ist vorerst einmal ein deutlicher Reichweitenverlust. Der Erfahrungswert deutscher Sender, die nach den ersten Monaten gewaltige Einbrüche hinnehmen mußten, legt dies nahe. Bei Jahreskosten von, sehr konservativ geschätzt, mindestens zehn Millionen und einer Grundinvestition von über 20 Millionen Schilling kann das Ziel von Mehrheitseigentümer Arnold Henhapl, 1998 den Break-even-point erreicht zu haben und in weiteren vier Jahren auch die Investitionen hereingespielt zu haben, wohl nur als Wunschtraum bezeichnet werden. Die technischen Probleme zu Sendebeginn - wochenlang kämpfte der Sender mit Totalausfällen - machen die Werbeakquisitation nicht gerade einfacher. Mehrere potentielle Kunden sollen deswegen abgesprungen sein. Auch die Qualifikation der führenden Mitarbeiter könnte die hochtrabenden ökonomischen Pläne des ehemaligen Salzburger »Messezaren« schnell zunichte machen. Dem Vernehmen nach basteln die »Funkamateure« (Branchenjargon) bereits nach einem halben Jahr an einer Totalreform des Programmschemas.

Die geringe Professionalität der Radio-Macher ist nicht zuletzt auch Ergebnis eines Parteienproporzes bei »Radio-Melody«, der selbst den in Sachen Politintervention nicht gerade unschuldigen öffentlich-rechtlichen Sektor in Österreich ziemlich blaß aussehen läßt. Da ist einmal Harald Kratzer, gestandener ÖVP-Funktionär und Möchtegern-Gemeinderat in der Landeshauptstadt. Marc Zimmermann, langjähriger Funktionär der Freiheitlichen, hat zwar etwas Radioerfahrung, Tränen weint ihm an seinem früheren Arbeitsplatz bei »Radio Untersberg« allerdings niemand nach.

Und schließlich als traurige Figur im »Melody«-Team der ehemalige Pressesprecher von SP-Chef Gerhard Buchleitner, Erich Holfeld. Er repräsentiert die SPÖ, deren Reichshälfte »Melody« bis zu jenem Tag Ende September 1995 zugerechnet wurde, an dem der Privatradio-Pionier Viktor Lindner seinen 50 Prozent-Anteil an Henhapl verkaufen mußte und Henhapl wiederum zehn Prozent an das FPÖ-nahe »RS-Privatradio« abgab, damit diese ihre Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zurückzog und »Melody« on air gehen konnte. Es war ein medienpolitisches Waterloo, in das da die Sozialdemokraten beim Kampf um die Sendelizenzen nicht zuletzt wegen dem Murks beim Privatradiogesetz hineinstolperten.

Die Wut einzelner Funktionäre darüber, daß »Melody« zum rechtslastigen Kommerzsender mutierte, kommt zu spät. Als hörbare Folge werden nun die Salzburger mit bei den F entlehnten Parolen gegen die »ORF-Zwangsgebühren« versorgt, und in intimer Kooperation mit der »Kronen-Zeitung«, mit der man sich sogar einzelne Mitarbeiter teilt, entstehen neue - wenn auch inoffizielle - Medienkonzentrationen.