juni 1996

Thomas Neuhold
leitartikel

Die Guggenheim-Blamage

Es war der frischgebackene ÖVP-Landeshauptmann, der die Diskussion wieder ins Rollen brachte. Denken wir doch noch einmal über Guggenheim nach, formulierte Franz Schausberger gleich bei seiner Antrittspressekonferenz sinngemäß.

Bei allem Respekt, Herr Landeshauptmann: Visionen und Illusionen sind zwei Paar Schuhe! Die Guggenheim-Geschichte ist wohl endgültig gelaufen. Die internationale Blamage ist riesengroß, nur merken das in Salzburg wenige, da sich die meisten am kulturellen Nabel der Welt wähnen. Eine Standortbestimmung, wo wir wirklich sind, ersparen wir uns lieber.

Daß Salzburg von einer Industriestadt überrundet wurde, ist noch nicht so schlimm. Kann jedem passieren und spricht nebenbei für die Manager der Foundation. Es ist die Art, wie unsere KulturpolitikerInnen Guggenheim vergeigt haben, die Salzburg international so blamiert hat. Es gab zwar auch solche, die aus ehrlicher Überzeugung das Hans-Hollein-Projekt »Museum im Berg« nicht wollten: Tourismusflut und ökologische Unverträglichkeit sind wenigstens ernstzunehmende Argumente. Ausschlaggebend waren aber die Gartenzwerge: Kein Geld, keine Lust, keine Zeit, keinen Durchblick! Den Vogel schoß schließlich Altlandeshauptmann Hans Katschthaler ab, der der Guggenheim-Foundation allen Ernstes anbot, Schloß Kleßheim für das Museum zu adaptieren. Motto: Tausche Hans Hollein im Mönchsberg gegen Fischer von Erlach.

Das war 1990-91. Die Kunstwelt bog sich vor Lachen. Zum Glück nahm das Interesse an Salzburg danach rasch wieder ab, sonst hätte man jenseits des großen Teiches auch noch die Nachfolgekomödie mitbekommen: Statt das Jahrhundertprojekt Guggenheim in Angriff zu nehmen oder zumindest ernsthaft zu überprüfen, tümpeln heute - kaum fünf Jahre später - unsere Regierungsmitglieder in Sachen Olympia durch die Medien. Aber vielleicht ist das einfach eine Niveaufrage: Bei SportfunktionärInnen und SportjournalistInnen fühlt man sich vielleicht eher unter seinesgleichen als in internationalen Kunstkreisen. Also messen wir uns an Lillehammer, denn wer kennt eigentlich dieses Venedig, und wer zum Teufel war Guggenheim?