juni 1996

Thomas Neuhold
schön und gut

Where is the Festspielhaus? Downstairs!

Die Höhe von Gebäuden, ihre optische Präsenz sagt auch immer etwas über die Herrschaftssituation in einer bestimmten Gesellschaftsform aus: Ob Kirchen, Versicherungen und Banken oder Volkspaläste ein Stadtbild beherrschen. Auch die weißgekalkten Mauern der Festung dienten als Wehrmauern der Fürsterzbischöfe nicht zuletzt gegen das eigene Volk; heute verhalten sich die einfachen SalzburgerInnen noch immer reserviert: Nur selten setzt eine/r seinen Fuß in das Freilichtmuseum Festungsbezirk. Der Autor mag als Beispiel dienen: Er hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren (!) nur einmal auf die Festung Hohensalzburg gewagt.

Das kann sich ab sofort aber ändern: Die SalzburgerInnen erobern sich ein Stück der Tourismushochburg zurück. Seit Februar dieses Jahres hat unter der Leitung des Salzburger Musikers Geri Sauberer ein Jazzklub in der Burgschenke »Zur Bastei« seine Heimat gefunden. Jeden Sonntag ab 14 Uhr wird das Festungsbeisl von Pächter Josef Gebetsroither zum »Schmelztiegel« für JazzmusikerInnen aus Salzburg und von anderswo. Neben den Auftritten von Ripoff Raskolnikov über »Bass & Basso« bis Alegre Correa glänzt der Schmelztiegel zu besonderen Anlässen mit einer Marmeladen-Sitzung (Jam-Session). Offen ist einstweilen nur die Frage der Sommerpause: Die Zustimmung der Burgverwaltung, den Innenhof bespielbar zu machen, war bei Redaktionsschluß noch nicht spruchreif.

Spätestens ab Herbst gilt aber wieder: Wo unter der Woche die modernen RaubritterInnen von der TouristInnenabfütterung leben, haben zumindest am Sonntag nachmittag auch »Eingeborene« wieder die Möglichkeit eines Beislbesuchs mit Kunstgenuß. Und nachdem man uns SalzburgerInnen nur am Ausweis und selten am Dialekt erkennt, nehmt Euch Euer Wappenpapier mit, dann läßt man auch ohne Wegezoll die Zugbrücke runter. (Info: 84-68-54)