august 1996

Didi Neidhart
gelesen

Die Beute 2/96

(Edition ID-Archiv, Berlin)

Nach der weiterhin empfehlenswerten Nummer zum Thema »Mythos RAF« geht es diesmal um den akuten Themenkomplex »Neoliberalismus und Klassenkampf«. Dabei wird unter Neoliberalismus weniger eine einheitliche, widerspruchsfreie Wirtschaftsideologie verstanden, sondern ein »Ökonomismus der Herrschenden, der sich in jeweils spezifischen, den bestehenden sozialen Kräfteverhältnissen und deren staatlicher Verfaßtheit anpassenden Strategien niederschlägt« und eine reine, politisch ungefilterte Marktwirtschaft (vgl. Thatcherismus, Reaganomics) propagiert. Diese Anschmiegsamkeit nötigt auch zu Differenzierungen in den Analysen, die u.a. Gegenstrategien von sozialen Bewegungen (in Frankreich und Mexiko) zur Diskussion stellen und Verschuldung, Arbeitslosigkeit und permanente Krisen als Methoden ausmachen, die Ökonomie zu lenken um dadurch Bedingungen für neoliberalistische Vorstöße zu schaffen. Wobei besonders die Darstellung der sozialpolitischen Unterschiede zwischen den konkurrenzierenden kapitalistischen Gesellschaftssytemen USA, Asien, Europa Fakten liefern, die in der Neoliberalismus-Debatte von Gegnern wie Befür- worterInnen gerne übersehen werden. Schwer zu empfehlen, wie aber auch die Artikel über die Ideologie deutscher Fernsehkommissare (mit Schwerpunkt auf »Derrick«) und schwulenfeindliche Männlichkeit und den neuen Rastafarismus am Beispiel des Ragga-Stars Buju Banton. Leichte Sommerlektüre ist das natürlich nicht, aber das Sparpaket macht ja auch keine Ferien. Fight The Power!