september 1996

Jan Carlsen
titel

Landeshauptmann Hasenöhrl

Medienmacht konkret: Franz Schausberger, die Salzburger Landespolitik und die »Kronen Zeitung«

Franz Schausberger, im Frühjahr überfallsartig zum Landesfürsten avanciert, hatte als neuer Landeshauptmann vor allem ein Handicap: Sein Bekanntheitsgrad grundelte irgendwo bei der 50-Prozentmarke herum. Heute, wenige Monate später, hat sich das Bild gedreht: Schausberger hier, Schausberger da, der Landeshauptmann ist medial omnipräsent. Selbst im fernen Wien haben Tageszeitungen das mediale Trommelfeuer registriert: »Hauptsächlich war Schausberger damit beschäftigt, unter Mithilfe seiner Familie, Freunde und Bekannten am Medienklavier zu klimpern«, bilanzierte etwa der »Standard« Schausbergers erste 100 Tage im Amt.

Die Medien machten es dem Frischgekürten auch nicht allzu schwer. »Krone« und »Salzburger Nachrichten« buhlten monatelang um die Gunst des neuen Fürsten. Kaum ein Tag verging ohne Schausberger in den Blättern, oft gab's gleich seitenweise händeschüttelnde Photoorgien. Es geschah, was den »SN« in den letzten Jahren immer wieder passierte: Die »Krone« hatte das Match gewonnen, die »SN« mußten fast zwangsweise etwas auf Distanz zum einst Umworbenen gehen.

Schausberger setzte in der Media- lisierung der Landespolitik im Gegensatz zu seinem humanistisch-besonnenen Vorgänger Hans Katschthaler neue - beinahe amerikanische - Maßstäbe. Seine Ehegattin Heidi turnte im lokalen ORF den SalzburgerInnen was vor und arbeitete nebenbei auch als Festspiel-Klatschkolumnistin für die »Krone«. Dort durfte die »First Lady«, übrigens hauptberuflich bei der VP-Parteipostille »SVZ« beschäftigt, dem interessierten Publikum von ihren Erlebnissen beim Repräsentieren an der Seite ihres Mannes berichten.

Störend war dabei weniger, daß die Berichte, wie sie wann und mit wem Kaffee getrunken hat, ziemlich jenseits waren - Klatschseiten sind immer intellektuelle Grenzfälle, besorgniserregend ist vielmehr, daß der neue Landeshauptmann einen erstaunlichen Wandel in der politischen Kultur an der Salzach eingeleitet hat: Franz Schausberger verwebt seine mediale Präsenz zunehmend mit den Interessen der »Krone«. Dort hat man die Chance längst erkannt und beginnt mit einem Landeshauptmann, der sich in medialer Geiselhaft befindet, in Eigenregie Landespolitik zu machen.

Erstmals wurde dies in voller Brutalität in der Frage der Mülldeponie Großarltal vorexerziert. Es soll hier nicht über die Sinnhaftigkeit einer Deponie am Taleingang einer Nationalparkgemeinde geurteilt werden, es soll auch der Bevölkerung keineswegs das Recht abgesprochen werden, sich gegen derartige Projekte zur Wehr zu setzen. Die durch die Verquickung von politischem Opportunismus mit den Machtgelüsten der Kampagnenjournalisten entstandene neue Qualität der Machtverteilung ist ohnehin besorgniserregender als eine einzelne Deponie.

Monatelang hat »Krone«-Chef Hans Peter Hasenöhrl gegen das »Müllmonster« und die »Müllmafia«, verköpert durch die »Abfall Service Austria« (A.S.A), erfolglos angeschrieben. Die Wiederbefüllung eines Steinbruches mit Restmüll stand auf rechtlich bombenfesten Beinen. Zudem blieben die zuständigen Landesräte Othmar Raus (SPÖ) und Robert Thaller (FPÖ) standfest und ließen sich nicht von der »Krone« weichklopfen.

Erst mit Amtsantritt von Schausberger bekam Hasenöhrl mit seiner heimattümelnden Blut-und-Boden-Schreibe Oberwasser. Bis schließlich Mitte August vereinbart wurde, daß das Land den Freikauf der Deponie von der »A.S.A.« durch die Gemeinde Großarl - die übrigens selbst wieder eine Deponie errichten will! - mitfinanziert. Deponie hin oder her: Der so von Hasenöhrl eingeleitete und von seinem Erfüllungsgehilfen an der Spitze des Landes zumindest geduldete politische Kreislauf ist fatal: Der (verkaufsfördernden) Kampagne folgt ein Einknicken der Politik, und die Suche nach einem neuen Objekt kleinformatiger »Hetze« (SN) kann beginnen. Erst Großarl, dann der Fuscher Steinbruch, das Brennhoflehen.... Bis endlich allein in der Redaktionsstube der »Krone« entschieden wird, was hierzulande möglich ist, oder vielmehr, was nicht.