september 1996

titel

»SOS-Medienfreiheit: Ab sofort...«

Ein »kunstfehler«-Gespräch des Salzburger Publizisten Heinz Fabris mit dem Vorsitzenden des Presserates Paul Vecsei

Wozu der Politik bisher der »Mut gefehlt hat, das riskieren die Initiatoren des im Herbst anlaufenden Volksbegehrens »SOS Medienfreiheit« ganz bewußt: den Konflikt mit dem mächtigen Konglomerat der »Mediaprint«, »Westdeutsche Allgemeine Zeitung«, »Krone«, »Kurier«, zahlreiche Zeitschriften, Druckereien, massive Interessen im Sektor elektronische Medien und Telekommunikation). Nicht genug damit: Das Medien-Volksbegehren richtet sich auch gegen wesentliche Zielsetzungen der derzeitigen ORF-Führung und regionale Medienkaiser.

Paul Vecsei hat berufliche Erfahrungen u.a. als Minister-Medienreferent, im »Standard«, dem ORF Landesstudio Wien und als Sprecher von »SOS Mitmensch« gesammelt. Er ist derzeit Vizepräsident der Journalistengewerkschaft, Vorsitzender des Österreichischen Presserates und einer der Proponenten von »SOS Medienfreiheit«, dem Trägerverein des Volksbegehrens.

Wann und wie hat das mit der Idee zu einem Medienvolksbegehren angefangen?

• Damit sind wir (im Präsidium der Journalistengewerkschaft, Anm. d. Red.) schon seit Jahren schwanger gegangen. Einen Höhepunkt hatte unsere Frustration erreicht, als wir beim Regionalradiogesetz sogar von einer sozialpartnerschaftlich üblichen Begutachtung ausgeschlossen wurden. Aktuelle Anlässe waren der Hinauswurf von Czernin beim »Profil« und die Klageserie der Mediaprint gegen den »Falter«.

Was wäre für dich ein Erfolg des Volksbegehrens? Und ist der Herbst wirklich ein idealer Zeitpunkt - möglicherweise werden dann ja die Weichen etwa für ein Privat-TV schon gestellt sein?

• Zu letzterem: Es gibt keinen idealen Zeitpunkt... Ein Erfolg wären für mich 100.000 und eine Stimme. Das Parlament müßte sich endlich mit Medienpolitik befassen. Es gibt ja keine Debatte im Parlament, wir haben schon jahrelang vergeblich eine Enquete gefordert. Uns geht es aber vor allem darum, Zeichen zu setzen. Zum Zeitablauf: Ein Volksbegehren ist ja ein zweistufiges Verfahren. Zuerst geht es darum, ab Herbst Unterschriften für die Einleitung zu sammeln. Dann setzt der Innenminister den Eintragungstermin fest, darauf haben wir keinen Einfluß. Egal, wann das ist - je länger und intensiver die Debatte, desto besser!

Wer soll unterschreiben? Es gab ja hämische Kommentare, wonach die ÖsterreicherInnen die »Mediaprint« mit dem »Mediamarkt« verwechseln könnten....

• Ich habe keine Angst vor einer Minderheitenfeststellung. Es würde sich in diesem Fall ja um eine qualifizierte Minderheit handeln. Uns geht es vor allem um diese qualifizierte Minderheit der an Medienpolitik und Kulturpolitik, an Demokratiepolitik Interessierten. Wir gehen davon aus, daß die Medien nur punktuell Verbündete sein können.

Das bringt mich zur Frage nach der Unterstützung für euch in der Öffentlichkeit. Bisher war ja deutlich zu erkennen, daß Grüne und Liberale auf das Volksbegehren sehr positiv reagiert haben. Publizistisch gab es erkennbar Sympathien von »Standard« und »Falter«. Dagegen hat Dichand als »Cato« in der »Krone« sofort und zweieinhalb Seiten lang überaus scharf reagiert.

• Wie schwierig die Sache wird, kann man schon am ORF sehen. Obwohl zwei Aufnahmeteams bei unserer Pressekonferenz waren, hat der ORF keine einzige Sekunde davon gebracht. Als das von den Grünen und Liberalen im Kuratorium angesprochen wurde, meinte die ORF-Spitze, daß es sich nur um eine Ankündigung gehandelt hat, die keinen Newswert habe. Am selben Tag aber war die Androhung eines neuerlichen Anti-Ausländer-Volksbegehrens durch Haider beim ORF die Spitzenmeldung! Man kann davon ausgehen, daß ein Auftrag von »oben« vorlag... Berichterstattung erwarten wir uns vom »Profil« und von den Bundesländerzeitungen, auch von Herrn Falk oder Ruß in Vorarlberg. Positive Stimmen gibt es in allen Parteien. Auch in der Regierungskoalition gibt es einige, die uns zugesichert haben, das Thema in ihren Parteien jedenfalls »offen« zu halten. Uns wurde finanzielle Unterstützung von einigen Spendern angeboten, die allerdings anonym bleiben wollen.

Wer wird das Volksbegehren organisieren? Und wie steht die Gewerkschaft dazu, nachdem die Journalisten in den letzten Jahren ja sehr oft einen »eigenen« Kurs gefahren sind?

• Die »Journalistengewerkschaft« ist nur »Starthelferin« und mit Präsidiumsmitgliedern im Trägerverein »SOS Medienfreiheit« vertreten. Je unabhängiger, desto besser; auch wenn die Adresse derzeit noch das Sekretariat in der Bankgasse ist. Wir haben jetzt einmal den Textentwurf - der sich übrigens gegen jede Form von Monopolen wendet, nicht nur gegen die Mediaprint. Bis zum Herbst wird die büromäßige Organisation stehen.

Gibt es für eure Initiative ein Vorbild? Beobachtet ihr, was in Italien nach dem Sieg der Linken über Berlusconi alles möglich ist?

• Mit Italien kenne ich mich ehrlich gesagt im Detail nicht so genau aus. Aber natürlich haben wir das seinerzeitige Rundfunk - Volksbegehren (1964, 800.000 Unterschriften! Anm. d. Red.) im Kopf...

Abschließend: Was kann man jetzt schon tun?

• Alles, möchte ich sagen, auch wenn es abstrakt klingen mag, was der Bewußtseinsbildung nützt! Das heißt Veranstaltungen, Diskussionen - in Kulturinitiativen, auf der Universität -, Straßenaktionen, Flugblätter usw., um das Volksbegehren zu thematisieren. Medienpolitik ist auch Kulturpolitik, geht alle an ...

Danke für das Gespräch.