oktober 1996

Thomas Randisek

Laßt Budgets sprechen!

Das Stadtkulturbudget - Erfolgsgeschichten sehen anders aus

Die zumindest medial alles er-drückenden Festspiele liegen hinter den geplagten Salzburgern, und so kann man wieder den Blick auf die freie Kultur wagen.

Die offiziellen Stellen der Stadt überschlagen sich in Erfolgsmeldungen, im »Stadtleben« wachsen auf ominösen Balkendiagrammen die Kulturausgaben Salzburgs über die 100% Marke (der Gesamtausgaben?).

Der hochgeistige Blick in solche Höhen verschleiert bekanntlich den Blick für die Kleinen Initiativen, denen es ja, glaubt man den offiziellen Zahlen, so gut geht wie nie. Prima Kulturpolitik, alle Achtung.

Der nüchterne Blick in die Budgetzahlen abseits von Balkendiagrammen relativiert das Geplärre um das tolle Kulturbudget.

Vielen Kulturschaffenden der Stadt bleibt dieser Sommer als Arbeitslosensommer in Erinnerung. ARGE Kulturgelände Nonntal und Kleines Theater mußten diesen Sommer das Personal in die Arbeitslose schicken. Die Schuld dafür alleine auf die Stadt zu schieben wäre vermessen, den Schuldanteil der Stadt unter den Tisch zu kehren, wäre fahrlässig.

Wie steht es denn nun um das städtische Erfolgs-Kulturbudget?

1. Das Gesamtbudget der Stadt steigt unaufhörlich.

Sparen ist die oberste Devise. Der ordentliche Gesamthaushalt der Stadt Salzburg lag 1994 bei 4,393 Milliarden Schilling, der Voranschlag 1996 weist ausgabenseitig 5,351 Milliarden Schilling aus.

2. Das Kulturbudget sinkt.

In den »guten alten Zeiten« , also 1992, lag der Anteil des Kulturbudgets noch bei beachtlichen 6,3,%. Er hat sich bei 5,3% (Voranschlag 1996) eingependelt. Seit 1992 ist der Anteil des Kulturbudgets am Gesamtbudget real um 25,6% gesunken. Und eine Steigerung des Kulturbudgets muß nicht unbedingt heißen, daß es den Kulturinitativen besser geht. 30 Mio. öS waren beispielsweise jüngst für die Renovierung der Domfassade zu berappen. Teil der Erfolgsstory?

3. Innerhalb des Kulturbudgets sind schon seit längerem Umverteilungen im Gange.

Und wo umverteilt wird - wie im richtigen Leben- gibt es Gewinner und Verlierer.

Analog zu den G 8 im Landeskulturbudget (kunstfehler August 1996) gibt es im Stadtbudget die G 5. Gewinner sind das Landestheater (1993: öS 61 Mio., 1996: 66 Mio. öS), das Salzburger Museum Carolina Augusteum (1993: öS 14,8 Mio, 1995 16,5 Mio. ) das Musikschulwerk (13,5, Mio zu 15,8 Mio) sowie das Mozarteum (26,5 auf 28,7 Mio öS). In der Budgetdiktion heißen solche Posten »Pflichtausgaben«, und wenn diese steigen, sinken andere Teile, nämlich die freien Förderungen (Ermessensausgaben). Daß die Festspiele ( von 30,2 Mio auf 36,4 Mio.) bei dieser Aufteilung am deftigsten zugelangt haben, komplettiert die Liste der Gewinner. Und nochmal: Die Osterfestspiele wurden 1996 gleich mit einer Million Schilling budgetiert.

Nicht, daß diesen Institutionen die Steigerungen nicht zustehen würden. Nur die freien Initiativen budgetieren ebenso seriös wie die G5. Und es ist eine politische Grundsatzentscheidung, welchen Teil des kulturellen Lebens man mehr oder weniger fördert. Budgetsteigerungen in Sparzeiten gehen also doch, wenn man wirklich will und einem der politische Rückhalt nicht fehlt.

Von solchen Steigerungsraten können die freien Kulturinitiativen nur träumen. Ihr Gesamtanteil beträgt neuerdings ca. 64 Mio öS, also einen Bruchteil der Förderungen, ungefähr so hoch wie der Anteil des Landestheaters. Und dieser Anteil rasselt in den Keller. Zu spüren bekommen das die freien Theater (Elisabethbühne, Kleines Theater, Toi Haus). Dieser Posten blieb tendenziell der gleiche (1993: 20,9 Mio zu 16,05 Mio 1995), Valorisierungen wurden keine vorgenommen.

Sinkendes Budget auch bei der Bildenden Kunst (von 3 Mio auf 2,5 Mio).

Der Posten »Schrifttum und Sprache«, also die Literatur und hier im besonderen Maße die freien Literaturgruppen, dürfen ein gesunkenes Budget ebenso als kulturpolitischen Erfolg auffassen wie der Film (von 3,04 Mio.1993 auf 2,07 Mio. Voranschlag 1996).

Bleibt noch der Posten »Sonstiges«: richtig geraten, gesunken. Hinter diesem Posten verbergen sich Einrichtungen wie das Kulturgelände Nonntal, der ÖIE und viele Kleingruppen, die mit Beträgen von 5000.- bis 50.000.- abgespeist werden.

Zwei Herzen würden in seiner Brust schlagen, sagt man von Bürgermeister, Finanz- und Kultureferent Josef Dechant. Das eine für die Finanzen (ganz groß), das zweite für die Kultur (rückentwickelt im Bereich freie Kultur). Auf die Aufhebung der 15% Kontensperre warten die Kulturstätten trotz zahlreicher mündlicher Zusagen noch immer.

Kulturpolitik in Salzburg konkret. Eine Erfolgsgeschichte ist sie auf keinen Fall.