oktober 1996

Thomas Neuhold
leitartikel

Ihr da oben - Wir da unten

Blenden wir bis zur letzten Gemeinderatswahl in der Landeshauptstadt zurück: Da war unter den Kultureinrichtungen plötzlich so etwas wie Solidarität spürbar. Unter dem Eindruck der neuen Kulturfeindlichkeit nach dem Amtsantritt von Josef Dechant entstand ein Gefühl, wie wenn alle Kulturinstitutionen im selben Boot säßen. Träger des neuen »Wir-Gefühls« waren hauptsächlich die kleineren Initiativen, die Großen konnten bestenfalls für verbale Solidarität gewonnen werden.

Was einige von uns immer gespürt haben, hat sich bewahrheitet: Das Boot heißt für die einen immer noch MS Berlin, für die anderen bleibt eine lecke Nußschale in stürmischer See. Auf den Oberdecks fließt der Schampus in Strömen, während die unten Wasser schöpfen oder längst über Bord gegangen sind. Viele wollten das bloß nicht wahrhaben!

Die Prasserei der Bussi-Bussi-Schickeria beim Art Forum zeigt die Mißverhältnisse. Während Kontrollämter andernorts nach Taxi-Spesen stöbern, übersteigen beim Art Forum die Reisekosten für nur zwei Personen die 100.000 Schilling Marke. Die Bewirtungskosten nur eines einzigen Tages entsprechen in etwa dem Jahresbudget des Dachverbandes Salzburger Kulturstätten. Wer sonst würde es wagen, für eine einzige Pressekonferenz 12.000 Schilling zu veranschlagen?

Damit kein Irrtum aufkommt: Wenn Gerard Mortier für die Veranstaltung 113.000 Schilling kassiert, ist das legal. Anständig ist es nicht. Und es zeigt die Schieflage in diesem Land, wo einige - mit fremdem Geld! - einen Tag fressen und saufen in einer Größenordnung, die für andere ein Jahr zum Leben reichen würde. Es ist wie bei der Werkvertragssteuer, wo sich die herrschende Nomenklatur vorsorglich selbst ausgenommen hat. Beim Art Forum finanziert man sich frech ein dekadentes Treiben, während man gleichzeitig vielen Kulturstätten die Gurgel zudrückt.