oktober 1996

Nora Müller
titel

Schampus und Kaviar

Kleine Kultureinrichtungen kämpfen ums Überleben, das European Art Forum verschlingt Millionen. Der »kunstfehler« stöberte in der Buchhaltung der Prasser und Verschwender.

Kultur ist in der Mozartstadt bekanntlich nicht viel wert: Viele Initiativen stehen vor dem Zusperren, Institutionen kämpfen ums Überleben, Vereinsvorstände übernehmen persönliche Haftungen, Angestellte und Mitarbeiter werden saisonweise zum Stempeln geschickt, einige gar gekündigt. So mancher kriecht vor der Politik, um wenigstens die wichtigsten Projekte durchziehen zu können. 100.000 Schilling an Subventionen? »Njet!« Die Kultur in ganz Salzburg ist pleite! Ganz Salzburg? Nein, ein kleines Häuflein rund um das Renommierprojekt von Festspielintendant Gerard Mortier und VP-Landeshauptmann Franz Schausberger schwimmt im Geld: Für das European Art Forum (EAF) ist man bereit, enorme Summen zur Verfügung zu stellen, und zwar für Prassereien der Extraklasse.

An die 4,7 Millionen verschlang das Intellektuellen-Spektakel insgesamt; Mortiers lockerer Umgang mit Geld dürfte sich dabei auf das gesamte EAF übertragen haben. Ende August schlugen beispielsweise die Ausgaben für »Reise, Unterkunft Referenten« mit 622.000 Schilling, der »Wissenschaftliche Beirat« mit 715.800 Schilling zu Buch. Die Personalkosten werden in der Buchhaltung mit mehr als einer Million ausgewiesen. Wer da soviel gekostet hat, wo doch größtenteils Landesregierungsbeamte mit der Organisation und Durchführung betraut waren, darüber gibt die Buchhaltung leider keine Auskunft.

»Drucksorten«, »Publikationen« und »Grafik« verschlangen ebenfalls mehr als eine Million Schilling, dagegen sind die Kosten in Höhe von 296.000 Schilling ja fast ein Pappenstiel. EAF-Initiator und -Präsident Mortier scheint auf der Ausgabenseite immerhin mit einer Summe von 113.000 Schilling auf: Einmal unter der Ausgabensparte »Wissenschaftlicher Beirat« (75.000.-) und dann »Reise, Aufenthalt - Präsentation« (38.000.-).

Bei genauerer Durchsicht stößt man auf Schmankerln: Damit der in Jerusalem geborene arabische Literaturwissenschafter Edward W. Said seinen Eröffnungsvortrag halten konnte, kam er aus New York per Concorde angedüst. Die Kosten für die Überschallreise New York-Salzburg-New York in Höhe von 68.460 Schilling bezahlte das EAF ebenso wie einen Charterflug von EU-Kommissar Franz Fischler (ÖVP), der nach seinem Vortrag in Salzburg mit einer Cessna nach Bologna weiterreiste: 36.000 Schilling.

Für die Pressekonferenz am 23. Mai, bei der man die Medienvertreter fast an beiden Händen abzählen konnte - dafür war die Beamtenschaft reichlichst zugegen -, berappte das EAF 12.243 Schilling. 70 Personen dürften, wenn schon nicht wesentlich klüger, dafür aber mit einem Wasserbauch gegangen sein: Zwei Liter Mineralwasser um 180.-, 26 Fläschchen Römerquelle um 728.-, 25 Flaschen Johannisbeersaft um 875.-, 72 Gläser Orangejuice um 2.160.- und 140 Tassen Kaffee um 4.900.- wurden als Konsumation verrechnet; dazu kamen noch 1.400.- Cateringgebühr sowie 2.000.- Schilling für 40 Tischtücher.

Für den Empfang im Karl-Böhm-Saal am selben Tag - berechnet wurden 350 Personen, anwesend kaum zwei Drittel davon - zahlte das EAF 169.000 Schilling, die sich wie folgt aufgliedern: 350 Cocktails um 87.000.-, 280 Pfirsich-Frizzante zum Sonderpreis von 16.800.-, 51 Liter Mineralwasser um 4.590.-, 184 Gläser Orangejuice um 5.520.-, 94 Flaschen Pils um 4.230.- und 315 Mocca um 9.450.-; dazu kamen 28.000.- Stoppelgeld, eine Cateringpauschale von 7.000.-, Bruch- und Wäschepauschale von je 2.000.- sowie die Leihgebühr für 10 Tische von 2000.-. Die Pausenbetreuung im Kleinen Festspielhaus kostete 27.125.-. Somit brachte das EAF für Pressekonferenz, Empfang und Pausenbetreuung am 23. Mai sage und schreibe 208.458.- durch! Für die Pausenbetreuung am darauffolgenden Tag in der Residenz in der Höhe von 49.487,. kam das EAF ebenso auf wie für die am 25. Mai im Kleinen Festspielhaus mit Kosten von 34.713.-.

Nicht einbezogen in die 4,7 Millionen Schilling sind übrigens die Ausgaben, die von Land und Bund direkt, ohne Subventionsweg, abgedeckt werden. So bezahlte beispielsweise die Präsidialabteilung für die Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Leni Fischer, zwei Karten für das Orchesterkonzert am 25. Mai in der Höhe von 3.400.- Schilling.

Rätselhaft ist die Einnahmenseite: Offen sind beispielsweise zugesagte Summen wie 200.000 Schilling von der UNESCO oder 100.000 Schilling vom Außenamt. Unter Tagungsgebühren scheinen einmal 151 Zahlende (27 Salzburger à 1.200.-, 18 Tageskasse à 200.- und 106 Vollzahler à 5.400.) auf, ein anderes Mal fehlen plötzlich 14 Vollzahler.

Nachsatz: Landeshauptmann Schausberger machte seine Drohung wahr. Es wird auch 1997 und 1998 ein Art Forum geben. Und auch der »kunstfehler« verspricht: Fortsetzung folgt.