november-dezember 1996

Peter Truschner
gelesen

AKTIV 3/96. Billa-Konzernbetriebsrats-Broschüre

Als ehemaliger Teilzeitarbeiter kann ich über die Sentimentalität, mit der wirtschaftspolitische oder innerbetriebliche Themen behandelt werden, nur lachen. Etwa, wenn ein Jung-Betriebsrat zum Verkauf der Billa seufzt: »...ich hatte das Gefühl, als hätte man mich der Familie beraubt...«, oder wenn eine Betriebsrätin bekennt, sie fühle sich »wie ein zur Adoption freigegebenes, identitätsverlustiges Kind«. Das überwiegend auf die positiven Seiten des Konzerns zugeschriebene Magazin, das seinen MitarbeiterInnen präpotent die Frage stellt: »Wußten Sie, daß man als Arbeitnehmer auch Pflichten hat?«, unterläßt es selbstredend, die Pflichten des Arbeitgebers zu thematisieren. Ein Thema durchlöchert das Billigblatt: die behauptete mangelnde Freundlichkeit der Mitarbeiter Kunden gegenüber (bei dem Betriebsklima kein Wunder!). Und das, wo »die Freundlichkeit (!) in Zukunft darüber entscheidet, ob der Arbeitsplatz gesichert ist.« Was den Arbeitsplatz wirklich gefährdet, lassen Auszüge aus den einzigen beiden kritischen Beiträgen durchblicken: »...versuchen wir Unmögliches, nur nicht im Dienstvertrag vereinbarte Anforderungen mit dem Privatleben unter einen Hut zu bringen (...), wirft sich die Frage auf, ob die Herren überhaupt wissen, wie ein Geschäftsalltag in der Praxis aussieht...« In einem vornehmlich PR-Arbeit für den Arbeitgeber fabrizierenden Betriebsratsmagazin beinahe ketzerische Aussagen.