november-dezember 1996

Doc Holliday
gelesen

Grauenhafte Sportarten, mit denen uns das Fernsehen quält (Edition Tiamat - Critica Diabolis 1996)

ALBERT HEFELE

Die Ursache allen Übels ist in diesem Fall das Privatfernsehen. Um die unzähligen Sendestunden mit Programm zu füllen, verbrät man auch schwer Verdauliches, und das führt unweigerlich zu Aufstoßen und erhöhtem Schnapskonsum. Da die Ballsportler, Eishockeyspieler und Boxer (angeblich) auch einmal Urlaub benötigen oder im Koma liegen, traktieren uns die Sportkanäle mit Überdosen von unglaublich grauenhaften Sportarten. Grauenhaft deshalb, da diese Leibesübungen entweder sowieso extrem öde sind oder ihre mediale Aufbereitung an Inkompetenz und Wichtigtuerei leidet. Oft ergänzt sich beides aufs Schrecklichste. Der TITANIC-Mitarbeiter Albert Hefele hat nun die 16 damischsten Sportarten isoliert und analysiert. In seinen Kommentaren und den dazugehörigen Gedichten vergießt er kübelweise Spott und Hohn, vergißt aber auch nicht auf feine Ironie. Das »unbeholfene Stöckeln«, auch Gehen genannt, das kaugummiumsatzfördernde Baseballspiel, der Standardtanz (»Zerzausung verboten«), das »grobschlächtige und saugefährliche« Ham- merwerfen, das Blaublutspiel Schach mit seinen Psychopathen, sie alle kriegen ihren fairen Anteil Fett ab. In einigen Fällen muß man die Ausführungen des Autors aber ergänzen: Sumo z.B. - dieser altjapanische Ringkampf ist durchaus spannend, bloß nur einige Sekunden kurz. Statt uns das fade Vorspielritual zu servieren, das wohl nur ein perfider Vorwand für Werbeeinblendungen ist, könnte man die Ultrafettwänste (der Hawaiianer Konishiki etwa bringt satte 275 kg auf die Viehwaage) mit ihren X-Large-Windeln doch bei m Après-Training zeigen: um die Fettringe auf »Dicke Berta«-Dimension zu bringen, saufen sie kistenweise Bier, flaschenweise Hochprozentiges und fressen wie die Drescher; dabei parlieren sie mit rechten Traditionalisten und Mitgliedern der Yakuza. Danach lassen sich die Sumomeister von ihren Ringerlehrbuben, so schreiben es die Rangordnungsrituale vor, die Windeln wechseln und selbststinkend den Hintern wischen. Auf Dressurreiten, Wrestling und Zwergenwerfen kann hier und heute nicht mehr eingegangen werden. Der Rezensent braucht nämlich jetzt aus medizinischen Gründen dringend Schnaps (siehe oben).