november-dezember 1996

Mario Jandrokovic
titel

Nichtprinzipielldagegenaber...

Es sind fachliche Kräfte wie Jurien oder der Gestaltungsbeirat, bisweilen auch die kleinsten gemeinsamen Nenner kommunalpolitischen Kalküls, welche mit ihren Entscheidungen über neue Bauvorhaben auf die Dynamik der Stadt einwirken. Als probates Mittel der Regulierung im Sinne demokratischer Mitbestimmung haben dann noch über die Jahre Bürgerinitiativen Einfluß auf die Ausprägung des Stadtbildes genommen und auch so manches ambitionierte Projekt begraben. Deren Geburtsstunde ist in jener Zeit anzusetzen, als die Politik des real exisitierenden Wirtschaftswunders daranging, den städ-tischen Raum zu erobern, um sich in ihm ein weitgespanntes Denkmal zu setzen. 1965 hat der Salzburger Kunsthistoriker Hans Sedlmayr seine Schrift »Die demolierte Schönheit« verfaßt, welche die unbedingte Bewahrung von Salzburgs einzigartiger Kulisse verlangte. Mit dieser Forderung hat eine initiativfreudige Bürgerschaft eine Waffe in die Hand bekommen, die - so scheint es zunehmend - über Raum, Zeit und auch Argumente erhaben ist.

Der Ist-Zustand oder gar ein nachgestellter ominöser historischer Ur-Zustand wie etwa beim Mozart-Wohnhaus (vgl. kunstfehler 1/96) können so als höchste moralische Prämisse geltend gemacht werden, sofern Bedarf herrscht. Und bald ist eine schnelle Eingreiftruppe zusammengetrommelt, die den »Ehrentitel Bürgerinitiative« (Zitat: Vizebürgermeister Schaden) aufgreift und zu allgemeinen denkmalpflegerischen, ökolo-gischen oder auch ästhetischen Belangen hochstilisiert, was eigentlich Privatinteresse ist. Mit dieser Argumentation wurde schon vieles erfolgreich verhindert, was Anzeichen von Urbanität in sich trug - städtisch ausgeprägte Großbauvorhaben ebenso wie Kinderspielplätze. Wie sehr sich dabei tatsächlich allgemeine, über den eigenen Straßenzug hinaus gültige Bürgerinteressen artikulieren, offenbart schon der kleine, beständige Begleitsatz: »Wir haben nicht prinzipiell etwas dagegen, aber hier, also wirklich...«