november-dezember 1996

Didi Neidhart
schön und gut

Riverside Guitars

Auch wenn die Gitarre bekanntlich das mythenbesetzteste Instrument der Rockgeschichte ist und vor allem bei männlichen Pubertierenden den magische Schlüssel zur Realisierung spezieller Wunschprojektionen symbolisiert (Pickel weg, Mädels her, ewiges Adoleszieren, Jugendzimmerposter-Starschnitt), so ist doch der Ruf, den Gitarrenhändler in diesem Zusammenhang haben, nicht immer auf der oberen Sympathie-Skala angesiedelt. Das beweisen schon

Songs wie »Guitar Shop Asshole« der amerikanischen Trash-Punk’n’Roller The Oblivians. Ebenso deutlich wird das Thema von Hamburger Trio Tocotronic abgehandelt, wo es lapidar heißt: »Gitarrenhändler, ihr seid Schweine/Gitarrenhändler, ich verachte euch zutiefst.« Die Ausgangssituation ist also gelinde gesagt etwas paradox. Was nicht nur mit einer Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage, sondern auch mit einer nicht zu verleugnenden Fachidiotie seitens besagter Händler zu erklären ist. Klar, wer einen gebrauchten VW kaufen will und sich statt dessen einen funkelnagelneuen Porsche andrehen läßt, ist selber schuld. Versuchen Sie einmal einen Gitarrenhändler davon zu überzeugen, daß es billige Japan-Kopien auch tun, wenn dieser auf klassische Modelle abfährt und das Service von der Markenwahl und dem bevorzugten Musikstil abhängig macht. Da ist es nur von Vorteil, wenn die Geschäftsführung ähnliche Erfahrungen gemacht hat. So wie See Saw-Mastermind Stootsie. Seit knapp zwei Jahren hat er am Ursulinenplatz 3 seinen Wohnzimmer-ähnlich eingerichteten »Riverside Guitars«-Shop, der sich mittlerweile vom reinen Warenumschlagplatz zum gemütlichsten MusikerInnentreff Salzburgs gemausert hat. Da trifft man neben Kundschaft aus ganz Österreich und dem benachbarten Bayern auch jede Menge »passive« Musikfans, streitet- unterbrochen durch kurze Nachbarbesuche (Weinhändler)- über aktuelle Pop-CDs und kann in Ruhe alles austesten, was das Herz begehrt. Kaufzwang und »Berühren verboten« gilt hier ebensowenig wie saturiertes Fachchinesisch. Was vielleicht mit ein Grund dafür ist, daß neben bekannten »Szenegrößen« auch jede Menge Jungvolk den Laden bevölkert. Ist ja auch lustiger als Turnunterricht.