november-dezember 1996

an uns

LeserInnenbriefe

Reaktionen auf »Schampus und Kaviar« im sept. kf:

Sehr geehrte Mitarbeiter der kunstfehler-Ausgabe 10/96!

Eine der journalistischen Grundregeln ist es wohl, genau zu recherchieren, bevor schriftlich Fakten und Kritik in die Welt gesetzt werden. Ihrer Mitarbeiterin hätte dies bei ihrer »Abrechnung« mit dem EAF gut getan, sonst wäre ihr nicht die Peinlichkeit passiert, gerade Edward Saids Flugkosten (dessen Vortrag nach ihrem Urteil »die Veranstaltung des EAF allein wert gewesen ist« - vgl. kf 10/96, Seite 9) zu kritisieren. Edward Said ist schwer krank und hat für seine Teilnahme am EAF erhebliche Mühen und auch gesundheitliche Risken auf sich genommen.

Lächerlich ist wohl auch, die von Gerard Mortier verursachten Kosten anzuführen. Ein Honorar von S 75.000 bzw. 45.000 (nach Abzug der Steuern) für mehr als ein Jahr Arbeit und an die 20 Vorträge von Mais-hofen bis Brüssel sind wohl wirklich keine beanstandenswerte Summe.

Dem kunstfehler wünsche ich, daß er sich anstelle des miefig destruktiven Feilschens um Worte und Zahlen mit Visionen beschäftigt, die über den Rand des Nonntals hinaus reichen und sich nur einmal auf das von Ihnen belächelte Niveau von »Lettre International« erheben würden.

Mit freundlichen Grüßen,

Carl-Philip von Maldeghem, Pressebüro der Salzburger Festspiele

Stellungnahme(die red.):

Bei einem Gespräch mit dem geschäftsführenden Koordinator des Kulturgeländes, Gerhard Wohlzog, und Gerald Raunig vom Vorstand der IG-Kultur Österreich räumten Vertreter des Bundesministeriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Versäumnisse bei der Verständigung über das Ende der Finanzierung ein. Sektionschef Burger und MR Hüffel sagten daher im Namen der Ministerin zu, die Zahlungen nicht - wie von Gehrer Ende September angekündigt - rückwirkend mit März 96 einzustellen sondern die im Vorjahr um 19% gekürzten Personalkosten noch bis Jahresende weiterzuzahlen.

Am definitiven Ende der seit über zehn Jahren laufenden Personalfinanzierung könne, so die leitenden Beamten des Ministeriums, aus Budgetgründen jedoch nichts geändert werden.

Keine Einigung gab es bei der Verhandlung über die exakte Höhe der aushaftenden Beträge: Während man im Ministerium davon ausgeht, daß etwa die 1994 neu eingeführte Kommunalabgabe vom BMUK nicht zu bezahlen sei, beruft man sich im Kulturgelände auf die Zusage, daß vereinbarte Bruttogehälter inklusive Lohnnebenkosten vom Ministerium ersetzt werden.

Mit Bedauern räumte Sektionschef Burger ein, daß noch immer Zahlungen aus dem Vorjahr offen seien und auch für heuer noch kein Schilling bezahlt wurde. Daß daran das Budgetprovisorium am Anfang des Jahres Schuld sei - wie vom BMUK mitgeteilt - , kann man im Kulturgelände nicht ganz glauben. Durch die Dezember-Wahlen sei zwar das heurige Budget erst im April beschlossen worden; seither sei aber erneut ein halbes Jahr vergangen, ohne daß die Zahlungsrückstände bezahlt worden seien, stellt Gerhard Wohlzog in einer Aussendung fest. Man wolle offenbar Zeit gewinnen und damit Zinsen lukrieren und nehme mit den säumigen Zahlungen bewußt in Kauf, daß Kultur- und Bildungseinrichtungen die fälligen Gehälter über Bankkredite vorfinanzieren müssen, so Wohlzog.

Keine Einigung gibt es auch über die Zahlung von Abfertigungen seitens des Ministeriums. »Wenn wir überall Abfertigungen zahlen, können wir gleich zusperren!« stellt Hüffel für das Unterrichtsministerium fest.

Die Argumentation entbehre jeglicher Rechtsgrundlage und verstoße gegen jeden Grundsatz von Treu und Glauben, meint man dazu im Kulturgelände Nonntal. Kein Kulturbetrieb, aber auch kein privatwirtschaftlicher Betrieb könne heute noch so argumentieren. Sollte man im Ministerium tatsächlich keine Vorsorge für die Refundierung von Abfertigungszahlungen getroffen haben, wäre es an der Zeit, daß der Rechnungshof das Unterrichtsministerium auf die Einhaltung der Sorgfaltspflichten überprüft. Jedenfalls müßte spätestens beim Einstellen von Personalfinanzierungen im Budget Vorsorge für Abfertigungen getroffen werden, stellt das Kulturgelände Nonntal fest.

Zu den im Ministerschreiben angeführten »Kernbereichen« und »Randbereichen der Erwachsenenbildung« räumte man im Ministerium ein, daß die Formulierung »unglücklich gewählt« sei. Man sehe sich aber außerstande, das Kultur- und Bildungsangebot der betroffenen Einrichtungen inhaltlich zu bewerten. Aufgrund der erlittenen Budgetkürzungen, müsse man sich jedoch bei der Förderung auf die im Erwachsenenbildungs-Fördergesetz beschriebenen, überregional tätigen und anerkannten Erwachsenenbildungs-Einrichtungen beschränken (VHS, bfi, WIFI, Heimatwerk...), teilt das Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten mit.

Gerald Raunig stellt dazu für die IG-Kultur Österreich fest, daß es bei der Definition von Erwachsenenbildung offensichtlich einen gesetzlichen Anpassungsbedarf gebe. Kultureinrichtungen übernehmen heute in einem hohen Maß Aufgaben der Erwachsenenbildung und der außerschulischen Bildungsarbeit.

Zur Aufforderung der ARGE Kulturgelände, Ministerin Gehrer möge doch mit Ministerkollegen Scholten und den Ressortverantwortlichen in den Bundesländern - betroffen sind Einrichtungen in Wien, Burgenland, Niederösterreich, Salzburg, Steiermark und Tirol - verhandeln, wie eine mittelfristige Übernahme der Personalfinanzierung bewerkstelligt werden könne, bevor sie die Einrichtungen mit einer überfallsartigen Entscheidung gefährde, stellten Burger und Hüffel fest, man sehe sich im Ministerium nicht in der Lage, »konzertierte PR-Aktionen« für die betroffenen Einrichtungen zu initiieren. »Darum müssen Sie sich schon selber kümmern!«, so Hüffel abschließend. Angesichts der rückläu-figen Budgets wird es für die betroffenen Kultureinrichtungen sehr schwer sein, andere Subventionsgeber davon zu überzeugen, daß sie für den Finanzierungsausfall des Unterrichtsministeriums einspringen sollten, befürchtet Wohlzog.

Bei über 700 beschäftigungslosen LehrerInnen auf der Warteliste sei auch die Zukunft der zu kündigenden MitarbeiterInnen völlig ungesichert. Es werde ihnen vorerst keine andere Wahl bleiben, als vom Arbeitslosengeld zu leben.

Daran sieht man den volkswirtschaftlichen Unsinn dieser sogenannten »Sparmaßnahmen«. Das Kulturgelände Nonntal habe im Vorjahr mit 1,4 Millionen mehr als das Doppelte der BMUK-Subvention in Form von Direktzahlungen (Steuern, Abgaben) an die Öffentliche Hand zurückgezahlt. Zusätzlich kamen Aufträge von über 7 Mio Schilling der heimischen Wirtschaft zugute, die indirekt über Steuern der Unternehmen wiederum der öffentlichen Hand zugeführt werden und so die Kaufkraft der dort Beschäftigten stärken.

Wer in diesem Zusammenhang behauptet, es handle sich bei dem Gehrerschen Finanzierungsstopp um eine »Sparmaßnahme«, verstehe entweder nicht die grundlegendsten volkswirtschaftlichen Zusammenhänge oder wolle aus egoistischen, unsozialen Gründen nicht über den Tellerrand des eigenen Ressorts hinausblicken.

Während Gehrer als geschäftsführende ÖAAB-Obfrau sich medial wirksam Sorgen um die wachsende Lehrerarbeitslosigkeit macht und in ÖAAB-Aussendungen (siehe Beilage ÖAAB-Aktuell 4/96)) davon spricht, daß »gerade im Multi-Media-, im EDV-Bereich oder auf dem Kunst- und Kultursektor ... immer wieder neue Lehrberuf(e)« herauswachsen, »die es zu erfassen gilt.« und von einem »Sozialmanifest für Europa«, von »Bildung als Kapital für die Zukunft« und einem »Solidarpakt« schwafelt, streicht sie fast unbemerkt von der Öffentlichkeit mit einem kalten Federstrich genau jene Lehrerposten, die sich in jungen, flexiblen Kultureinrichtungen mit den genannten Bereichen auseinandersetzen.

Blanker Zynismus in der ÖAAB-Aussendung: »Das Sparpaket hat nicht nur Einschnitte gebracht, sondern auch Bewegung zumindest im Bildungsbereich.«

»Stempeln gehen ist auch Bewegung«, meint man dazu im Kulturgelände Nonntal. Und weiter: »Da wird einem ja ganz biblisch ums Herz: Nicht an den schönen Worten sollt ihr sie messen, sondern ...!«

Ich gratuliere dem kunstfehler zur Entscheidung, endlich ein größeres Zielpublikum ansprechen zu wollen. Darauf weist das kleine »E-Bühnenmagazin« am Schluß hin und auf jeden Fall der großartig recherchierte Artikel »Schampus und Kaviar« (Und wie hoch war der Klopapier- und Serviettenverbrauch, oder ist das in einer Pauschale verpackt?). Dieser Stil kommt mir bekannt vor (Punker in der Toscana und so weiter), aber im kunstfehler?

Herbert Huber, 5020 Salzburg

Hocherlauchte Politiker und Beamte aller Couleurs und Gehaltsstufen im Schloß Mirabell. Also, Schloß Mirabell: Schaut einmal aus dem Fenster. Was sehr ihr? »Die Andräkirche.« Richtig, ein Feld vorrücken. Was noch? »Tomaten« Richtig. Es ist Schranne. Ein weiteres Feld vorrücken. Was seht ihr noch? »Nichts«. Zurück an den Start, aber dalli, und Tomaten aus den Augen. Da sitzt nämlich - nicht vorm Haupteingang, Herr Erzbischof, schaun’s doch auch herüber, weiter rechts - am Nebeneingang ein kleines Grüppchen »arbeitsfreier« Menschen wie im Mittelalter vor der Kirche und trinkt Bier. Körperlich und psychisch Schwerkranke sind dabei. Einer davon liegt seit Monaten und spuckt Blut. Er verreckt schön langsam. Die anderen etwas langsamer. »Die sollen etwas arbeiten, die Sandler!«

Und was tut ihr? Ihr dreht zahlreichen Sozial- und Kulturinitiativen den Geldhahn ganz langsam zu - und dann schneller, schneller, Schneller, Haider! Ihr schüttet das Geld in eine große Grube und diese wieder zu, zum Beispiel. Ihr veranstaltet ein »European Art Forum« - ein großes Fressen um 4,7 Millionen. Tickt ihr alle noch richtig? (...)

Reinhold Tritscher, Koppl