märz 1997

Thomas Neuhold
kommentar

Causa Kunstministerium: Signale der Schwäche

Ja, ja. Groß war die Aufregung unter den Kulturschaffenden, als angesichts der Kabinettsliste Klima I klar wurde, Rudolf Scholten ist nicht mehr Verkehrsminister. Man hätte fast den Eindruck gewinnen können, es sei richtig schade um die ministerielle Verknüpfung von Semmeringbasistunnel und freier Szene. Oder was war eigentlich gemeint, als - von ein paar Ja-SagerInnen abgesehen - mit der »Enthauptung der Kunstsektion« gleich das Ende der österreichischen Kulturpolitik und »ein Imageverlust Österreichs« mit negativen Auswirkungen »auf Tourismus und Wirtschaft« (sic!) heraufbeschworen und sogar eine Initiative für eine Ministeriumsgründung initiiert wurde?

Gemeint war wohl - aus der durchaus richtigen Einsicht heraus, daß Politik oft auch auf einer symbolischen Ebene funktioniert -, das (nach der Ablöse der Wiener Kulturstadträtin) zweite Signal der Sozialdemokraten, die mitteilten, Kultur sei nicht länger vorrangiger Inhalt ihrer Politik. Soweit bleibt der Kern der Kritik auch nachvollziehbar. Peter Wittmanns Notbremse von der »Kultur als Chefsache« war natürlich ein kompletter Holler, sein Kompetenzkonglomerat ist einfach unsinnig. Daher ein lautes Ja zum Kulturministerium und - das aber hier nur nebenbei - ein mindestens ebenso lautes Nein zur SP-intern diskutierten Variante, die Wissenschaftskompetenz gegen den Straßenbau einzu- tauschen.

So weit, so gut. In der Argumentation diverser Kulturfunktionäre wurde freilich noch ganz anderes mittransportiert. So wurde Scholten im Nachhinein zum Schutzengel der Kultur stilisiert. Ausgerechnet die Kulturszene beginnt mit einer romantisch verklitterten Verklärung der zehn Jahre unter Kanzler Franz Vranitzky. Es ist kaum zu fassen! Nicht zuletzt aber demonstrierten die VertreterInnen der Kulturschaffenden eine erstaunlich wehleidige Fixierung auf die Strukturen der Obrigkeit. Es ist ein fatales Signal, das viele Kulturschaffende und ihre Vertretungen da ausgesandt haben: Wenn die Ernennung eines Staatssekretärs für ein Katastrophenszenario schon ausreicht, kann das Vertrauen in die eigene Kraft nicht besonders groß sein.