märz 1997

Ursula Rotter

Sinnvoll kaufen! Gerecht handeln?

EZA: Probleme mit dem Kaffeepreis und der Belegschaft

EZA - dieses Kürzel steht wohl in den Köpfer aller kunstfehler-Leserinnen und Leser für gerechten Handel und korrekte Behandlung. Letzerem, so scheint es, wird aber in letzter Zeit nicht die Bedeutung zugemessen, die sie haben sollte: Ex-MitarbeiterInnen klagen über Mobbing, sexuelle Belästigungen und ganz allgemein über ein »desaströses« (soweit ein Informant) Auftreten der Organisation in der Öffentlichkeit. Was steckt dahinter?

Faktum ist, daß zahlreiche Mitarbeiter entweder gekündigt wurden - wegen angeblicher Illoyalität - oder von sich aus gegangen sind, weil sie das herrschende Betriebsklima nicht mehr ausgehalten haben.

Geschäftsführer Jean Marie Krier: »Wenn eine Beziehung nicht mehr zu kitten ist, muß man sie eben beenden. Daher auch die Kündigungen. Aber wir haben versucht, einen akzeptablen Abgang zu inszenieren.« Die ehemaligen MitarbeiterInnen empfinden das anders: Ihnen sei Faulheit vorgeworfen worden. Kritik wäre nicht mehr erwünscht gewesen. »Und das alles in einem »demokratischen« Betrieb«, so ein Ex-EZAler. Die Geschäftsleitung sieht das naturgemäß anders: dort spricht man von einem guten Verhältnis zwischen Belegschaft und Führungsetage. Zum »Beweis« bestreiten Betriebsrat Gerd Haslinger und Jean Marie Krier auch das kunstfehler-Interview gemeinsam, obwohl eigentlich zwei seperate Termine vereinbart waren. Das sieht ein bißchen nach Maulsperre aus. Denn an und für sich wird ein Betriebsrat gewählt, um die Interessen seiner ArbeitskollegInnen zu vertreten und somit ihnen, und nicht der Geschäftsführung, in Konfliktsituationen hilfreich zur Seite zu stehen.

Doch nicht genug damit, auch in den Zweigstellen, den »Weltläden«, die großteils als eigenständige Vereine geführt werden, gibt man sich wenig auskunftsfreudig. Anscheinend wurden die sonst nicht so zugeknöpften Weltläden-Mitarbeiter vorgewarnt, doch ja nichts Internes auszuplaudern. Macht nichts, denn auch so zwischendurch fallengelassene Bemerkungen wie »wir bedauern, daß es in der Zentrale Unfrieden gibt« oder »ich bin weit weg und auch ganz zufrieden damit«, sagen einiges über die derzeitige Situation aus. Denn auch wenn Weltläden, Geschäftsführung und Betriebsrat abzuwiegeln versuchen, elf ( von 42, davon in etwa die Hälfte Teilzeitbeschäftigte) gekündigte bzw. »freiwillig« gegangene MitarbeiterInnen in eineinhalb Jahren sprechen eine deutliche Sprache. So eine Entwicklung passiert nicht von heute auf morgen, da spielen einige Ursachen mit.

Vor etwas mehr als 20 Jahren wurde die EZA gegründet, unter anderem von Anton Wintersteller, einem Mitglied der katholischen Männerbewegung. Er war auch erster Geschäftsführer, acht Jahre lang, bis 1983. Dann verließ er die EZA. Wegen andauernder interner Konflikte, so erzählt er, fühlte er sich außerstande, weiterzumachen. Trotzdem hatte er Lust, in diesem Bereich zu bleiben. Also gründete er einen »Alternativhandel« mit ökologischen und EZA-Produkten. Während sich 1984/85 die damalige EZA-Geschäftsführung gewaltig verkalkulierte und einen, so Wintersteller, »selbstverschuldeten Zusammenbruch« herbeiführte, ging sein alternativer Handel ganz gut. Sehr zum Mißfallen seiner ehemaligen Firma, die ihn beschuldigte mit seinem Geschäft »die EZA zugrunde zu richten«. Also warf Wintersteller wieder das Handtuch und konzentrierte sich ausschließlich auf die Männerbewegung.

Die EZA konnte sich wieder erfangen und trotz einiger Einbrüche hat sich die Grundidee »Handel statt Hilfe« mittlerweile bewährt. Etwa fünf Millionen Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika profitieren vom fairen Handel (Zahlen: EZA). Neben dem den meisten ohnehin bekannten Warensortiment - also Kaffee, Tee, Gewürze, Schmuck, Glaswaren, Musikinstrumente und Kinderspielzeug - bemüht sich die Organisation, mit entwicklungspolitischer Informations- und Bildungsarbeit Verständnis für weltwirtschaftliche Zusammenhänge zu wecken. Ein sehr löblicher Ansatz, den auch niemand madig machen will.

Während Wintersteller die EZA stets straff und hierarchisch geführt hatte, setzte sich Mitte der achtziger Jahre auf Wunsch der Belegschaft mehr und mehr das demokratische Prinzip durch. MitarbeiterInnenbesprechungen wurden eingeführt, wo jede/r seine/ihre freie Meinung äußern konnte, was teilweise natürlich zu längeren Diskussionen führte.

Bis zum großen Zusammenbruch des Weltkaffeemarktes 1992 lief - vom Einbruch 1984/85 abgesehen - das Geschäft recht ansehnlich. Mit dem unerwartet auftretenden Crash war auch der Punkt erreicht, wo Jean Marie Krier »die Zügel wieder straff zog«, wie es ein ehemaliger Mitarbeiter formuliert. Das alte System sei Zug um Zug abgeschafft worden, stets mit dem Verweis auf den Sachzwang, sparen zu müssen. So wurden bei einem Großteil der Belegschaft die Löhne gekürzt, zwar nicht so drastisch wie ursprünglich geplant, für einige allerdings waren auch das empfindliche Einbußen (Korrekterweise muß man aber erwähnen, daß die EZA stets einiges über dem Kollektiv-Lohn gezahlt hat.)

Trotzdem, der Spaltpilz »Lohnkürzung« zeigte seine Auswirkungen, noch dazu, wo den meisten »EZAlerInnen« nicht ganz klar war, warum ausgerechnet bei ihnen gekürzt wurde und nicht andere Maßnahmen ergriffen wurden.

Das hierarchische Modell mit einer Führungsetage, dem MATE (Manager-Team) und »den anderen« sei wieder eingeführt worden, auch firmeninterne Kritik, die sonst bei den Mitarbei-terInnenbesprechungen unter dem Punkt »Allfälliges« abgehandelt wurde, werde nun nicht mehr gern gehört.

Aber auch wirtschaftlich läuft es nicht ganz so wie gewünscht, denn der Kaffeepreis war noch nie so niedrig wie jetzt. Zwar werden Probleme finanzieller Natur von der Geschäftsführung bestritten. »Wir bilanzierten 1996 mit 70 Millionen Umsatz«, so Krier. Aber er gibt immerhin zu, gewisse Logistikprobleme gehabt zu haben. LiebhaberInnen des 3.Welt-Kaffees erinnern sich vielleicht an die Ankündigung eines »Weltkaffees«, das Viertelkilo zu 29 Schilling. Der in Holland geröstete Kaffee hatte allerdings Probleme, seine Hülle zu kriegen. Die notwendigen Folien-Verpackungen konnten nicht zur gewünschten Zeit gedruckt werden. Immerhin, Mitte Jänner, also einige Monate verspätet, wurde der »Weltkaffee« ausgeliefert. Ob das Konzept, mit dieser preisgünstigen Mischung dreier Sorten neue Käuferschichten anzusprechen, aufgeht, wird sich weisen. 50 Tonnen sind vorbereitet, geröstet und verschweißt. In diesem speziellen Fall sei man Opfer der eigenen verfrühten Ankündigungspolitik geworden, so Ge-schäftsführer Krier.

Trotzdem, so ganz von der Hand weisen lassen sich gewisse Probleme, auch finanzieller Natur, nicht. Helmut Adam, Leiter von Transfair Österreich (Trainsfair bedeutet, daß der Kaffee, Tee und Kakao direkt bei Kleinbauern und Genossenschaften gekauft wurde und der Mindestpreis, den sie dafür erhalten haben, deutlich über dem Weltmarktpreis liegt) meint dazu: »Wirtschaftliche Schwierigkeiten halte ich für ein starkes Wort.« Aber die Zuwachsraten, die bisher bei etwa 10% lagen, seien jetzt niedriger. Das sei auch der Grund, warum die EZA, die bisher die vollen Lizenzgebühren für die fair gehandelten Produkte bezahlt hat, jetzt eine andere Regelung anstrebt: Nicht mehr für jedes Kilo verkauften, sondern nur mehr für jedes Kilo mehr als bisher verkauften Kaffee will sie die Lizenzgebühr blechen. Nach »gewissen Problemen«, so Adam, hat man sich jetzt auf eine vierjährige Übergangsphase geeinigt.