märz 1997

kurzfehler

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Der FPÖ-Bundesparteichef hatte im Vorfeld der EU-Wahl doch Kreide in der Stimme, als er wiederholt signalisierte und via Peter Sichrovsky ausrichten ließ, niemand brauche sich vor dem Schmutzkübel der FPÖ zu fürchten. Zwei Beispiele aus Salzburg:

In Piesendorf haben FP-Leute mit der »Gratwanderung« eines der innovativsten Musikfestivals auf Salzburger Boden erfolgreich abgedreht. Offensichtlich aus rein ideologischen Motiven, denn die von der FPÖ verbreitete Geschichte, daß die Gratwanderung am Nächtigungsrückgang in Piesendorf schuld trage, taugt ja nur für ganz Blöde. Da müßte ja das ganze Bundesland im Sommer ein einziges »Festival für neue Volxmusik« sein.

In Seekirchen ist der FP-Landtagsabgeordnete Helmut Naderer dabei, einen prominenten Wissenschafter aus dem Land zu vertreiben. Er wirft dem Historiker Heinz Dopsch Untreue und die rechtswidrige Annahme von Honoraren für die Erstellung der Seekirchner Dorfchronik vor. Zudem sei Dopsch ein Freund von VP-Landeshauptmann Franz Schausberger. Freiheitliche Schlußfolgerung: »Unerträgliche Freunderlwirtschaft im Stile des Clubs 45 (SPÖ/Lucona)«.

Peter Holzmann, bisheriger Sekretär von FP-Stadtrat Sigi Mitterdorfer, ist neuer, noch provisorischer Wohnungsamtsleiter. Befürchtungen, daß jetzt plötzlich eine scharfe »rechte« Richtung eingeschlagen werde, müsse man nicht hegen, meint er. Denn immerhin seien die Vergaberichtlinien ohnehin unter der Federführung Mitterdorfers entstanden.

Der neue Sekretär von Mitterdorfer ist übrigens Franz Spitzauer, geschaßter Sekretär von Ex-Landesrat Volker Winkler. Der ehemalige Journalist war Wunschkandidat des blauen Richters.

Heiße Ohren sind jetzt auch im Salzburger Literaturhaus zu holen. Salzburgs Pflegestation für Sprache hat unter dem zeitgeistigen Titel »Hotline« eine Telefonnummer (0662/43 47 41) eingerichtet, über die kurze Texte heimischer AutorInnen abrufbar sind.

Hans Peter Hasenöhrl, dem Chefredakteur der »Salzburg-Krone«, Initiator zahlreicher Schmutzkübelkampagnen und heimlichem Mitregenten im Land, wurde im Jänner für seine verdienstvolle Tätigkeit das goldene Ehrenzeichen des Landes Salzburg überreicht. Die Würdigung von Hasenöhrls Kampagnenjournalismus war in der Landesregierung übrigens unumstritten. Schwarze, Blaue aber auch die SPÖ-Vertreter LHStv. Gerhard Buchleitner und LR Othmar Raus stimmten für die Auszeichnung Hasenöhrls.

Othmar Raus, Kulturlandesrat, hat auf die »kunstfehler«-Story von Anton Gugg über den verschwundenen Salzburger Maler Klaus Reif und die Schwierigkeiten, seine Hinterlassenschaft zu retten, reagiert. Raus plant, der gerichtlich bestellten Abwesenheitskuratorin, Rechtsanwältin Ingeborg Haller, bei ihrem Versuch zu helfen, Reifs Bilder nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Raus will einige Werke ankaufen, um die finanzielle Basis für eine Übersiedelung der Gemälde aus dem ehemaligen Atelier in geeignete Depoträume zu erleichtern. Ob sich das Land an ein größeres Projekt zur Präsentation der Hinterlassenschaft wagt, ist derzeit noch nicht entschieden.

Die SPÖ Salzburg-Stadt hat sich auf ihrem Bezirksparteitag Anfang des Jahres gegen die Legalisierung des Konsums von Haschisch ausgesprochen.

Gerard Mortier kommt bei der Neukonzeption des European Art Forum (EAF) nicht vom Fleck. Gerüchteweise war zu erfahren, daß eine für Ende Jänner angesetzte Sitzung der Programmkommission abgesagt werden mußte, da die Finanzierung des Renommierprojektes weiterhin unklar ist. Auch die von Mortier nach dem Wirbel ums EAF im Herbst ausgesprochene Einladung an Vertreter freier Kulturstätten, doch gemeinsam über die Zukunft des Forums nachzudenken, blieb bisher im Stadium der Ankündigung.

Apropos EAF: Inge Brodil, mehr oder weniger glücklose Halbzeit-Mitorganisatorin des Art Forum, hat wieder einen Job. Brodil leitet die organisatorischen Vorbereitungen zum Mozartjahr 2006. Die inhaltliche Konzeption des Tourismusspektakels wird von einer Arbeitsgruppe getragen, in der die Fest- spiele, das Landestheater und das Mozarteum das Sagen haben.

Tausend Tage im Ballon nannte sich vor zwei Jahren jene Veranstaltung im Landestheater, bei der Literaturhaus und Bildungshaus St. Virgil gemeinsam dazu aufriefen, daß Salzburg sich ans Netz der Asylstädte anschließe. Immer mehr Zentren in Europa beteiligen sich an diesem Projekt und bieten so verfolgten AutorInnen ein Jahr lang Zuflucht und angemessene Arbeitsbedingungen. Wien und Graz sind bereits dabei, während der Ballon Salzburg auch nach 700 Tagen nur heiße Luft absondert, und das, obschon sowohl Land als auch Bund ihre Unterstützung zugesichert haben. Dabei würde sich selbst die Stadt nicht lumpen und sich das Bekenntnis zu Demokratie und freiem Wort was kosten lassen: 50.000 Schilling sind im Budget 1997 vorgesehen, um einem/einer Verfolgten (teils mit Familie) für ein Jahr Wohnung und Verpflegung zu gewährleisten; schließlich müssen AutorInnen aus undemokratischen Bananenrepubliken ja auch zu Hause Bescheidenheit üben.

ARGE goes Trakl: Nach Veranstaltungsleiter Wilfried Steiner und kunstfehler-Redaktionsmitglied Gudrun Seidenauer wurde 1997 ein weiterer ARGE-Mitarbeiter mit dem Georg Trakl-Förderungspreis ausgezeichnet: Literaturwerkstättenleiter Robert Kleindienst.

Wir gratulieren!