april 1997

Romana Klär

Mitreden wollen und sollen sie...

Die Koordinierung von BewohnerInneninteressen kostet Geld

»Sport verbindet. Da haben die Leute eine Freizeitbeschäftigung und können gleichzeitig ihre Aggressionen abbauen.« Einigkeit zwischen den Parteien herrscht, wenn es darum geht, daß Menschen, die in Groß-Siedlungen zu Hause sind, sich nicht mit der Wohnqualität innerhalb der eigenen vier Wände begnügen können. Daß Spielplätze, Krabbelstuben, Kindergärten, Räumlichkeiten für kulturelle, gemeinsame und private Festivitäten, nutzbare Grünflächen und eben auch Sportplätze, notwendig sind, steht außer Zweifel. Weil beim Dicht-Nebeneinander-Wohnen gröbere Scharmützel bekanntlich nicht ausbleiben, wünschen sich künftige MieterInnen aus Erfahrung immer häufiger, ihre neuen Nachbarn schon vor dem Bezug einer Wohnung ein wenig kennenzulernen. Vor dem Einzug sollte besprochen werden, wie beispielsweise die Außenanlagen definitiv angelegt werden oder wie gemeinschaftlich genutzte Räume zu gestalten sind. Über diese Diskussionen fänden sich jene Leute, die auch später in der Wohnanlage aktiv das Leben »draußen« mitgestalten. Damit steige die Wohnzufriedenheit, die Siedler blieben länger, die Fluktuation halte sich also in Grenzen, sagen SozialwissenschafterInnen. Wie am Forellenweg, wo die MitarbeiterInnen des Be-wohnerservice (zwei Magistratsange- stellte) Versammlungen organisieren, eine Bewohnerzeitung herausgeben und für Fragen, die die Instandhaltung der Anlage betreffen, eine Vermittlerrolle gegenüber dem Bauträger einnehmen. Die künftigen MieterInnen, die im infrastrukturell und soziokulturell armen Stadtteil Taxham ab kommendem Jahr die im Bau befindlichen Wohnungen auf den Bolaring-Gründen beziehen werden, werden dabei vermutlich auf sich gestellt sein.

Im nächsten Jahr werden auf dem 30.000 qm großen Grundstück 343 Wohnungen für rund 1000 Menschen von der GSWB fertiggestellt. Raimund Gutmann vom Salzburger Wohnbund, der bereits Anfang der 90er Jahre am Forellenweg die Koordination der Gemeinwesenarbeit initiiert und vorangetrieben hatte, sollte - so wollte es der Magistrat mit knapper Mehrheit noch im vergangenen Jahr - auch bei diesem Projekt tätig werden.

Der Baustein A »Aktivierung der Bewohner« ( u.a. laufende Information der Wohnungsanwärter und Anrainer; Koordination der Nutzerbedürfnisse) wurde Ende 1996 erfolgreich abgeschlossen, berichtet Gutmann. Jetzt wäre Abschnitt B (u.a. Moderation von Hausversammlungen, wonach die konkreten Bedürfnisse der Mieter umgesetzt werden) an der Reihe. »400.000 Schilling sind dafür zuviel«, sagt Gemeinderätin Linde Vegh (ÖVP). Da stricke eine alte Dame schon ganz schön lange, fügt sie ergänzend hinzu. In Zeiten, in denen Sparsamkeit angesagt sei, müsse man sich auf existentielle Dinge beschränken, dort, wo man am Lebensnerv der Menschen nicht vorbeiziele. Man könne nicht ein Heer von unselb-ständigen Leuten heranziehen. Die Bewohner bekämen schöne, neue Mietwohnungen. Sie sollten selber aktiv werden. Freilich, Sportplätze seien gut und man wolle auch einen Kindergartenonkel im Bolaring-Kindergarten anstellen. Da dort ein sehr hoher Anteil von Alleinerzieherinnen einziehen wird, hätten die Kleinen dann wenigstens eine männliche Bezugsperson. Wohnungen für Tagesmütter wären ebenfalls sinnvoll. Aktivitäten, die darüber hinausgehen, müßten von den BewohnerInnen selber getragen werden.

»Unverantwortlicher Wahnsinn«, nennt das die Klubobfrau der SPÖ, Susanne Neuwirth. Bei Siedlungen dieser Größenordnung trage auch die Gemeinde Verantwortung, daß keine »sozialen Brennpunkte« enstünden. Wenn auch nicht mehr mit Zuschüssen von seiten des Landes (Subventionen nur mehr für Projekte zum Thema Wohnen, die noch nicht erforscht wurden - BewohnerInnenmitbestimmung wurde am Forellenweg bereits erfolgreich erprobt) zu rechnen sei, müßte aus »anderen Töpfen« für Bolaring Geld »locker gemacht« werden, meint Neuwirth. Das sei ein kostengünstiges Angebot, meint auch Ulrike Saghi (BL). Mit Investitionen in den »Bau« (=hardware) sei es nicht getan. Bei einer 1000-Leute-Siedlung müsse auch die »software« stimmen. Ob es eine Mitsprache der BewohnerInnen gebe, bleibt politische Entscheidung. Wegen der starren Haltung des Landes und der GSWB, die ihrerseits ebenfalls keinen Beitrag für die Bewohnermitbestimmung am Bolaring leisten will, hat nun Wohnungs-Stadtrat Siegfried Mitterdorfer (FPÖ) die Zusammenarbeit mit dem Wohnbund endgültig aufgekündigt.

Die Überlegungen im Gemeinderat und Stadtsenat, wie Konflikte gelöst oder vielleicht gar vermieden werden können, sind unterschiedlich. Die Geister scheiden sich daran, ob sich der Staat - sprich, die SteuerzahlerInnen - am sozialen Frieden beteiligen sollten (SPÖ/BL), oder ob das Prinzip »Mündige Bürger = Machts selber was« (ÖVP/ FPÖ) zur Anwendung kommt. In der Landeshauptstadt hat sich (vorläufig) letzteres durchgesetzt.