april 1997

Sigi Maron
wenn und aber

gusch gulasch

das zischen des druckkochtopfs ruft mich in die küche. ich stelle die gasflamme auf klein, hol den schlüssel für das postfach, schalte den strom für den lift ein, schliesse hinter mir die tür, drücke den abwärtsknopf und laut kreischend setzt sich die grün gestrichene plattform in bewegung. die ketten, die den lift antreiben, müssen dringend geschmiert werden. ich schliesse das haustor auf, öffne das postfach. ausser den üblichen werbesendungen und der tageszeitung ist nichts nennenswertes gekommen.

die ständig keifende pensionistin aus dem zweiten stock trippelt mit ihrem weissen pudel die stiege herab, um sich ihren anteil an der werbung abzuholen. sobald mich der köter bemerkt, beginnt er mich anzukläffen. ich schrei zweimal so laut ich kann: »gusch gulasch« und der köter verstummt. sie schaut empört, verzichtet aber auf eine entsprechende anwort. sie will sichtlich ein gespräch beginnen. die miete, klagt sie, die miete, wenn das so weitergeht, wird sie sich die wohnung nicht mehr leisten können und muss ins altersheim, was ist dann mit ihrem geliebten mädi, ihrem pudelviech. alles wird teurer, aber die pensionen haben sie eingefroren. man bekommt täglich weniger für sein geld und die da oben schieben es sich gegenseitig hinten hinein. scheisskapitalismus, sage ich. ja, ja aber im osten ist es noch viel schlimmer, da kriegt man um seine ganze pension nicht einmal genug zu essen, sagt sie. kein wunder sage ich, wenn die österreicher den ungarn alles wegfressen, schliesse das postfach und rolle zurück auf den lift. sie verlässt samt köter das haus. der stürzt sofort an den rand der wiese und legt einen so gewaltigen haufen, als wäre er eine ausgewachsene milkakuh. lassen’s ihren hund doch wo anders scheissen, schrei ich vom lift hinunter. mein mädi macht hin, wo sie will, das geht sie einen dreck an, damit sie es nur wissen. ein hund in der stadt, in einer wohnung mit 40 m2 ist tierquälerei, sag es aber nicht. was hat sie schon ausser ihrem hund, schliesse die lifttür, werfe die post gleich zum altpapier, überfliege die schlagzeilen der zeitung, werfe sie in die biotonne, dreh den gasherd ab und freu mich auf das gulasch.