april 1997

an uns

LeserInnenbriefe

Zum kunstfehler-Gespräch mit Arno Fischbacher in der März-Ausgabe

Die häufige Verwendung des Stehsatzes »Die öffentlichen Hände mögen uns nicht und behandeln uns schlecht und geben uns zuwenig Geld, also geht’s uns furchtbar schlecht« scheint für weite Teile der Kulturszene - nicht nur in Salzburg - einige unbestreitbare Vorteile zu haben:

• Sie schafft Druck

• Sie stiftet Einigkeit, fast schon Geborgenheit, über alle Uneinigkeit und Streitereien untereinander hinweg

• Sie eröffnet die konfortable Möglichkeit, eigene Fehler zuzudecken und die Schuld an jeglichen Problemen einem »bösen« Widersacher zuzuschreiben.

Nur: Mit Fakten läßt sich diese Klage vielfach nicht unterfüttern. Insbesondere nicht im Fall der Eli-sabethbühne. Das Fischbacher-Interview im März-Kunstfehler braucht daher einige Ergänzungen.

Die bösen »öffentlichen Hände« haben in den Jahren 1992 bis 1995 die Subvention für die Elisabethbühne von 7,95 Millionen Schilling (2,2 Mio Land, 3,67 Mio Stadt, 2, 08 Mio Bund) auf 17,4 Millionen Schilling (6 Mio Land, 6,5 Mio Stadt, 4,9 Mio Bund) mehr als verdoppelt. Für 1997 wäre eine weitere Steigerung schon vor dem Bekanntwerden der Misere geplant gewesen. Bei dem E-Bühnen-»Krisengipfel« Ende Februar wurde dann nochmals auf 19,5 Millionen Schilling erhöht. (...)

Fischbachers Vorwurf, das Geld von Bund, Land und Stadt wäre nicht im »erforderlichen Ausmaß« geflossen und dadurch wäre die E-Bühne in diverse Finanzabenteuer gehetzt worden, ist angesichts dieser Zahlen abstrus. Denn das rein aus dem Spielbetrieb resultierende Finanzloch von 950.000 Schilling pro Jahr wäre sicherlich für alle Beteiligten handhabbar.

Ebenso eigenartig ist der Vorwurf, unter anderem werde an der E-Bühne »Rufmord« betrieben. Auch angesichts der nach vielen Urgenzen vorliegenden eher desaströsen Zahlen (1,7 Millionen Defizit aus der Anleihe, 880.000 Schilling aus der Gastro-Pleite und 1,5 Millionen Zeitungs-Minus) und trotz der Tatsache, daß die E-Bühne unbeschadet der völlig ungewissen Finanzlage das Jahr 1997 mit einer Ausgaben-Tangente begann, als seien die gewünschten 23,5 Millionen Subvention schon fix, vermieden alle Salzburger Kulturpolitiker peinlich jede Skandalisierung. Sondern lobten die unzweifelhafte künstlerische Qualität der Bühne und attestierten dem Management halt ein wenig »Realitätsverlust«.

Ich meine, dieser Befund ist eigentlich recht höflich.

Johannes Greifeneder,

INFO-Z, Salzburg

Für die jetzige Krise der Elisabethbühne wird vor allem der frühere kaufmännische Direktor Arno Fischbacher verantwortlich gemacht. Daß bei den Budgetplanungen für das neue Haus Fehler gemacht wurden und ein Teil der groß angekündigten »Profitcenters« als Flops endeten, kann nicht bestritten werden.

Zu solchen Fehlern konnte es aber nur kommen, weil eine ausreichende Finanzierung von seiten der öffentlichen Hand nicht absehbar war. Es wird doch wirklich keiner glauben, daß Theatermacher freiwillig Anleihen auflegen, wenn alle Finanzierungfragen von vornherein gesichert sind.

Seit Jahren beklagen Interessensvertretungen der freien Kultur, daß Förderungen für ihre Einrichtungen nicht nach dem realistischen Bedarf gegeben werden. Wenn dann an variablen Kosten nichts mehr gespart werden kann, aber auch die Fixkosten am untersten Limit angesiedelt sind - für die Löhne der Elisabethbühne würde kein Politiker auch nur einen Finger rühren - kann es eben zu derartigen Krisen kommen. Daß die Folgekosten für ein neues Haus nicht realistisch eingeschätzt und erkannt wurden, kann nicht nur Schuld der Theatermacher sein.

Seit dreißig Jahren schaffen die Betreiber der Elisabethbühne unter größtmöglicher Selbstausbeutung großartiges Theater. Die Leute um Arno Fischbacher und Renate Ourth wurden oft genug dafür gewürdigt. Umso entwürdigender ist die jetzige Vorgangsweise: Anstatt diese erstmalige Krise durch eine realistische finanzielle Grundausstattung als Basis für die Zukunft partnerschaftlich zu meistern, muß weiter mit Unterbudgetierungen gearbeitet werden. Friß oder stirb, und die Bühne schluckt, weil man das so langwierig Aufgebaute nicht so einfach verlieren will. Dieselbe Rigidität würde ich mir auch bei anderen Entschuldungen (z.B. Fest in Hellbrunn) wünschen. Und wenn wirklich behauptet wird, das Geld niemandem anderen wegnehmen gewollt zu haben, wird man darauf achten müssen, welche neuen Projekte zusätzliche Kulturgelder wert sind.

Warum ich das schreibe: Arno Fischbacher verabschiedet sich aus der Kultur und geht in die Privatwirtschaft. Seine vielleicht größte Vision, die Übersiedlung der Bühne aus dem Kellerloch unter der Elisabethkirche in den Petersbrunnhof, hat er führend mitrealisiert und damit für seine Kolleginnen und Kollegen wie auch das Publikum eine wertvolle Infrastruktur geschaffen. Ich wage es zu behaupten, daß dieses Projekt ohne seine unvorstellbare Ausdauer kaum machbar gewesen wäre.

Ich kenne Arno aus den ersten Tagen des Dachverbands Salzburger Kulturstätten und habe ihn wie auch die Leute der E-Bühne bei vielen Aktionen und in Krisen als Mitstreiter für die Salzburger Kultur schätzen gelernt. Dafür möchte ich mich bei ihm bedanken und ihm alles Gute für die Zukunft wünschen.

Wenn es in Salzburg einen Preis für effiziente und ausdauernde Kulturarbeit gäbe, er wäre einer der ersten Anwärter. Es sind schon weitaus unwichtigere Persönlichkeiten aus Politik oder Verwaltung würdiger verabschiedet worden.

Gerald Gröchenig

u. a. auch stv. Vorsitzender des Salzburger Landeskulturbeirates