Gitarren undsoweiter
Das ganze Gerede von der Stagnation der Gitarrenmusik ist nicht ganz verwunderlich bei der Masse an eigentlich zwar ganz okayer, letztendlich jedoch in ihrer kleinen, überschaubaren Welt lahmarschiger Musik, die ganz erstarrt ist beim schweren Geschäft, den Nachlaß von Rockgeschichte zu verwalten. Swell scheinen auf »Too Many Days Without Thinking« (Beggar’s Banquet/Rough Trade) immer wieder nur eine Handbreit von so einer durchsichtigen Angelegenheit entfernt, die sich mit einem Package aus melodiösen Retro-Gefühlen und Kraft-Ausdruck veräußert, sie kratzen aber dann doch immer wieder die Kurve zu sympathischen und durchaus unfaden Spinnereien; ist ja nett, wenn zünftiges Balladenhandwerk plötzlich an exotische Südseezauber-Rhythmen grenzt.
Pavement setzen mit »Brighten the Corners« (Domino/Rough Trade) konsequent ihren Weg fort, an dem - wie der Name des Albums schon passend sagt - die hintersten Ecken in Off-Off-Gefilden ausgeleuchtet werden. Pavement wühlen fröhlich in den Obskuritäten, die sich in der Enklave von Autorenschaft so ansammeln, aber halt ganz und gar nicht nach dem Motto »Ich hab was, was du nicht hast«: Für selbstvergessene, selbstbezogene, entkörperlichte Tüfteleien sind die Songs, die nicht selten wie fetzige Ohrwürmer aus diversen Ecken des Musikuniversums (von Beatles bis) einfach zu locker, zu poppig und zu sexy.
Sans Secours aus Graz haben mit »Need« (Tricom) wirklich für eine positive Überraschung gesorgt, und zwar bei weitem nicht nur in der Kategorie Heimliga, öffnet doch die Platte Räume, die nicht schon en masse besetzt und gänzlich durchmessen sind. Massive Gitarren plus fein ausgearbeitete Melodien plus Gesangsharmonien plus gehörig Groove sind der Stoff für das im besten Sinne seltsame Konglomerat, das sich seinen Weg zwischen Song und Sound bahnt. Dabei bewegen sich Sans Secours einfach in der guten Tradition bleischwerer Bands und betonen nicht um jeden Preis ihr pro-forma-Anderssein. Die Platte zeugt einfach von Präsenz: Die Verstärker aufgedreht für das Hier und Jetzt.