mai 1997

Harald Friedl
gelesen

GUIDO UND MICHAEL GRANDT

Schwarzbuch Anthroposophie. Rudolf Steiners okkult-rassistische Weltanschauung. Ueberreuter, Wien, 1997.

Die Autoren rechneten damit, den »heiligen Zorn« der Anthroposophen auf sich zu ziehen. So kam es auch. Sie beleuchten das »anthroposophischen Imperium«, das zumindest in der Anthroposophenhochburg und Gerichtsstand Stuttgart so einflußreich ist, daß das Buch im Nachbarland mit Auslieferungsverbot belegt wurde. In Österreich wurde die Klage abgewiesen.

Den »Waldorfschock«, den die Autoren analysieren, erlebten viele Eltern und Kinder in der Erwartung einer fortschrittlichen, druckfreien Schule. Doch das Buch enthüllt nicht nur zahlreiche Fallbeispiele von Mißhandlungen. Es setzt sich vor allem mit der Anthroposophie des Waldorfgründers Rudolf Steiner (1861 - 1925), des »Gottesfreundes«, auseinander: In Urzeiten spaltete sich die Menschheit der Lemurier in Atlantier und in Wilde. Auch ein Teil der atlantischen Menschheit verfiel später, die sich höher entwickelnden wurden zu Ariern. Blonde Haaren leiten die Gescheitheit direkt ins Gehirn, während dunkle Haare die kosmische Intelligenz in die Haut leiten. Diese Menschen, Neger genannt, werden innerlich von der Sonne gekocht. Daraus resultiert ein stärkeres Triebleben und Menschen mit schwach entwickelter »Ich-Wesenheit«. Und als Sexuallehre: »Was aus Sinnlichkeit, aus Trieb, Begierde, Leidenschaft hervorgeht, das will nur dieses egoistische Individuum. Daher muß der Mensch dieses selbstische Wollen in sich abtöten.«

Steiner verherrlicht den Tod auf dem Schlachtfeld, weil er durchdrungen ist von innigster Liebe, von dem, »was zum Heile in der Zukunft beiträgt«. Der Krieg ist für ihn der Vater aller Dinge, weil »aus Blut und Tod die Entwicklung der Menschheit sich erheben werde«. Im Weltenkarma kann nichts Falsches geschehen. Es muß gekämpft werden, »damit erreicht werden könne, was der Welten Schicksalslenker mit der Erden-menschheit erreichen will«.

Daß das nicht nur spekulativ gemeinte Aussagen sind, sondern Thesen von religiösem Anspruch, zeigt sich in Steiners pragmatischem Rat, vorerst Kompromisse mit konventionellen Lehrmeinungen zu schießen. Nicht alles kann jetzt schon in den Unterricht hineinfließen, was einmal »allen Unterricht als religiöses Element wird durchseelen können«.

In Deutschland gibt es 162 Waldorfschulen mit 68.000 SchülerInnen, in Österreich 12 Schulen mit 1.500 SchülerInnen. Schulen mit tadellosem Ruf. Das liegt wohl auch daran, daß grundlegende Arbeiten Steiners im Buchhandel nicht erhältlich sind.

Eine Leistung des Buches ist, dieses Manko zu beheben. Sein erklärtes Ziel: daß sich die weltweit rund 47.000 Mitglieder der anthroposophischen Gesellschaft mit ihrem Gründervater und seinen Jüngern kritischer auseinandersetzen.

In des bisherigen Diskussionen rund um das angestrebte Verbot war seitens ihrer VertreterInnen nach Auskunft des Verlages davon allerdings nichts zu merken. Was Eltern und SchülerInnen um so mehr zu denken geben sollte.