mai 1997

Thomas Randisek

»Die Schönheiten der Stadt näherbringen...«

Wie nicht anders zu erwarten: mit Event-Kultur zur Stadt-Wahrnehmung

Kaum in den Status eines Weltkulturerbes erhoben, ist die Stadt wieder liquide. Wurde im letzten Jahr noch die 15% Kontensperre gehandhabt, ist jetzt, da die Salzburger Altstadt gleichrangig neben den Pyramiden von Gizeh steht, das Stadtsäckel doch nicht so leer wie jahrelang behauptet. Zur Feier des Tages muß es ein Stadtfest sein. Muß es? Oder hätte man diesen Anlaß nicht mit einer wenig kostenintensiven »Krönungsmesse« abfeiern können?

Ein kulturpolitisches Signal in einer Stadt, deren Kulturimage nicht zuletzt aufgrund der rigorosen Sparpolitik bei freien Initiativen gelitten hat, wäre ja durchaus zu begrüßen gewesen. Doch das vorliegende Festkonzept »Stadt-Wahrnehmung« nimmt auf solche Ansprüche wenig Rücksicht. Event folgt event, für kritische oder hinterfragende Kulturarbeit bleibt mit Ausnahme eines Jugendprojektes auch dementsprechend wenig Platz.

Selbst wollte die Stadt mit kostenintensiver SPOT-Erfahrung ja nicht mehr als Veranstalter in den Vordergrund treten. Statt einer offenen Ausschreibung wird neben dem Kulturamt, dem Altstadtamt und dem Fremdenverkehrsverband gleich eine Agentur »eingebunden«. Ausschreibungen sind in solchen Fällen in westlichen Demokratien Usus. Nicht so in dieser Stadt. Die Frage, wieso mit der Durchführung des Spektakels ein Kommunikationsinstitut und nicht etwa eine Künstleragentur beauftragt wurde, bleibt unbeantwortet. Das von der Agentur IKP und der Werbeagentur X vorgelegte Konzept umfaßt ein Gesamtvolumen von 7,8 Millionen Schilling. Davon gehen rund 1,5 Mio in den PR-und Werbeetat, öS 450.000.- kostet die Konzeption und Organisation; Alleine für den PR-und Werbeetat die Hälfte jener Summe, die die Stadt Salzburg der ARGE zur Durchführung der Jahrestätigkeit zur Verfügung stellt!

Die UNESCO wünscht sich eine möglichst breite Beteiligung und in einer ersten Reaktion wollte Josef Dechant noch neben den Salzburger Kultur- und Brauchtumsgruppen vor allem auch die Jugend einbinden. Schon bei der Projektpräsentation wurde auch auf die damals nicht vorhandene Kooperation mit Salzburger Kulturschaffenden hingewiesen. Ja selbst die Salzburger Nachrichten reklamierten - mit Andre Hellers Spektakeln im Hinterkopf - »Schuhplattler, Jazzmusiker, Gaukler wie Poeten, Alphornbläser wie Geiger«. Die Schuhplattler müssen wohl warten, aber: Geiger vortreten zum Event »Festival der Geiger«. Die geplante Einladung an die Geigerin Vanessa May wurde wieder fallengelassen. Dafür ein zweiter »topevent«: eine eingekaufte Großproduktion, die Aufführung der Carmina Burana - wohl weniger wegen des Orff-Bezuges zu Salzburg denn aufrgund der Tatsache, daß jede/r KonsumentIn ein Bruchstück aus der Nestlé-Werbung kennt. Die Kosten dieser Abend- events: 1,5 Millionen Schilling.

Die Verantwortlichen haben sich an Partner gehalten wie die ARCH Foundation der Francesca Habsburg, die sich das »von« partout nicht abgewöhnen will und ihre Ansprüche via Massenmedien einforderte. Jetzt harren eine Lichtsäule und Projektionen der Wahrnehmung, allein die WWW Seite »Salzburg World Heritage« wird mit öS 185.000.- budgetiert.

Geboten werden weiters: »Blickpunkt Installationen« für besondere Gebäudedetails, Terminals für Besucher, an denen sie sich als virtuelle Baumeister und Architekten versuchen können. Als Tribut an die unhinterfragte Rolle der Kirche in der glorreichen Historie Salzburgs gibt es eine Partitur für Kirchenglocken, eine Klang-installation Almkanal, das klingende Weltkulturerbe für öS 900.000.-

Damit alle die Stadt wahrnehmen sollen auch die Museen ihre Tore öffnen, eine ähnliche Vorgangsweise bei den Kulturstätten wurde nicht ins Auge gefaßt.

Glatt, unkritisch und massenkompatibel soll die Stadt-Wahrnehmung sein - davon erhofft man sich erwünschte mediale Präsenz und Kulturstadtimage. Wo aber sind im Vergleich mit Stadtfesten anderswo die neuen Ideen bei der vorliegenden Konzeption? Leicht konsumierbarer Repräsentationskultur, die möglichst niemandem weh tut, ja nicht experimentell oder gar visionär ist, wird wieder einmal der Vortritt gegeben. So bleibt ein diffuser Eindruck eines aufgemotzten Dultkulturprogrammes und die Erkenntnis, daß durch das herrschende Kulturverständnis zwar Gelder für events locker gemacht werden können, die freien Initiativen als Nahversorger der Kulturstadt Salzburg wieder einmal den Kürzeren ziehen. Aber wie sagt doch der Kabarettist Sigi Zimmerschied zum Thema Imagepolitur von Städten so treffend: »Natürlich könnte ich mein Arschloch auch »Erlebnispforte« nennen. Es bleibt trotzdem ein Arschloch«.