mai 1997

Thomas Neuhold
schön und gut

Gen-Erfolg

Die an Färbungen nicht gerade reiche deutsche Sprache kennt für die Adjektivverbindung »schön und gut«, mit der diese Kolumne übertitelt ist, zumindest zwei Bedeutungen. Die eine ist sozusagen wahrhaftig, die andere - meist intoniert mit einem kleinen Seufzer - hat ein unausgesprochenes »alles« davor und ein ebenso stummes »aber« dahinter: »Alles schön und gut, aber...«

Wir haben also 1,2 Millionen UnterstützerInnen für das Gen-Volksbegehren. Schön und gut! Nur haben wir - im Gegensatz zum oft mißbrauchten historischen Vergleich mit Zwentendorf ab dem EU-Beitritt längst unsere Entscheidungsfähigkeit in dieser Frage abgetreten. Der Skandal um die von der EU-Kommission zur Währungsunion-Propaganda per Vertrag (sic!) gekauften »unabhängigen« Wirtschaftsexperten zeigt, daß sich die mächtigen Konzerninteressen verpflichtete EU um ein läppisches Volksbegehren einen Dreck scheren wird. Das auszubügeln, ist das Problem der StatthalterInnen hierzulande. Und die wiederum berufen sich auf ihre per EU-Recht verbriefte Kompetenzlosigkeit: »...würden wir ja gerne, leider...«

Einen politischen Protest der solcherart geprellten UnterzeichnerInnen, die an das unzuständige Salzamt appelliert haben, müssen sie kaum befürchten. Das Gen-Volksbegehren war mehr ein Erfolg der Kleinformate und kaum einer der ohnehin lendenlahmen Umweltschutzgruppen. Die InitiatorInnen selbst sahen ja kaum über die Berge von Turbokuhschnitzeln und Matschtomaten am Tellerrand hinaus. Bereitwillig wurde die »Unterstützung« durch den Boulevard akzeptiert, aus dessen ideologischer Umarmung es sich schwer entrinnen läßt. Daß die Siegesfeier der Anti-Gentechnik-Leute ausgerechnet im Natur-historischen Museum stattfand, ist kein Zufall, eher schon Programmatik. Die nüchternen Hallen der Wirtschaftsuni wären dem Kern der Gentechnik-Debatte möglicherweise näher gekommen.

Also was? Zumindest haben wir eine Woche direkte »Demokratie« hinter uns. Das Volk hat begehrt: Kein Gen-Food am Teller! Schön und gut.