juni 1997

Mario Jandrokovic
gelesen

GUY DEBORD

Panegyrikus Tiamat, Berlin 1997

Im November 1994 hat Guy Debord seinem Leben ein Ende gesetzt. Panegyrikus, erstmals 1989 auf französisch erschienen, liest sich wie ein autobiographischer Epilog. Vorerst einmal wirkt es so, als halte sich die Schreibe auffallend in Konvention zurück. Debord - in den fünfziger Jahren eine Schlüsselfigur der Lettristen und seit 1958 die Person hinter der Situationistischen Internationale, jenem für den Pariser Mai ‘68 ausschlaggebenden kleinen, elitären Zirkel, aus dem er im Laufe der Jahre alle Mitglieder ausgeschlossen hatte - verfaßte 1967 sein bekanntestes Werk, »Die Gesellschaft des Spektakels« (ebenfalls bei »Tiamat«): 221 Thesen zu einer Gesellschaft, in der aktive, sprechende Subjekte letztlich doch nur passive Zuschauer und Konsumenten bleiben - eine radikale (sprachliche) Verweigerung, die nicht im Unisono des Spektakels untergehen will. Gegenüber den »Memoires« von 1958, einer scheinbar unmotivierten Collage kryptischer Informationsbrocken in einem Umschlag aus Schleifpapier (sodaß das Buch auch als Schaustück im Regal zerstörerisch wirkte), ist Panegyrikos richtiggehend geschliffen. Nicht weniger löst sich der Autor dabei in einem Labyrinth von Zitaten auf, die nicht auf künstlerische/wissenschaftliche Autorität pochen, sondern ihn zum literarischen Konstrukt, einer historischen Figur, machen, die sich zwischen Pariser Scherbenvierteln und Exkursen in die Geschichte, Kunst und Ökonomie bewegt. Debord inszeniert sich dabei selbst als »Staat im Staat in der ersten Person« (Blumfeld), dessen Spuren sich in einer verführerischen, vielschichtigen Sprache finden.