juni 1997

Doc Holliday

Goldilock in der grauslichen Welt

Ein kommentiertes Volks- und Außer-Haus- (= In-Disco) Märchen für Konsumkinder

Es war einmal ein Goldilock. Der Wald(zell)bauernbub lebte wohlbehütet im Land der Erdäpfel und Mostbirnen. Sein größtes Vergnügen war, sich die Scheite unten an die Haxn festzubinden, damit steile Hügel hinunterzurasen und über die angrenzende Schanze zu hüpfen. Trotz eines seit frühester Jugend vorhandenen veritablen Durstes auf allerlei Illuminationsflüssigkeiten erflog er sich zahlreiche Häferln. Und wer hat als pickelig Pubertierender nicht versucht, dem Wort Stroh-dumm neuen Sinn zu verleihen, indem er sich den 80%er eingefüllt hat! Jugendsünden, an denen Clementine und die Waschpulverfabrikanten jedenfalls ihre braune Freude hattten, und die Springerkollege Matti Nykänen dank finnischer Kampftrinkerschule auch im fortgeschrittenen Alter nicht missen wollte. »A lustige G’schicht« nannte Goldi bei Ober- tratschweib »Vera« dann auch einen promillebedingten Auffahrunfall. Tatsächlich klatschte sich das volksnahe Saalpublikum vor Lachen auf die Schenkel.

Eines Tages aber, wie es sich für einen rechten Goldilock gehört, wollte er (noch) mehr von der Welt wissen. Also wagte er sich in die Höhle der Tanzbären, auch P(etz) 1 genannt. Und sieh an, die Tageszeit stimmte, die geschäftigen Bären waren bereits aus dem Winterschlaf erwacht und kümmerten sich unverzüglich um Goldilock. Da war der TV-Bär Mark, der Bären-Wirt Peter und der Bären-Verzahra Meister Verpetz Günther. Letzterer zudem so eine Art fahrender Delikatessenhändler. Diese guten Freunde erklärten Goldilock nun die aufregende Go-Go-Tanzbärenwelt und zeigten ihm die Gebräuche und Sitten der Nasenbären.

Nach der Krönung folgt die Dröhnung. Ui jegerl! Da war es schon geschehen: auch Goldilock steckte seinen Rüssel in das Backpulver-Immitat, diesen Albino-Nektar. Nix half mehr: Unserem Helden wurde ganz übel; in seinen Innereien spielten die Säfte fangen, alles ging drunter und drüber. Er schwor sich, nie mehr vom Verbotenen auch nur zu schnüffeln. Sieben Monate danach aber hatte Goldilock einen Retour-Flash: Seine roten Wangen wurden extra-rot, und er begab sich ziemlich freiwillig (na ja, der Django-Bär, der normal am Flughafen seine Beute findet, hat mit seinem großen Zeigefinger schon etwas gedroht) zum »Oberhauer«-Brummbären, um dort alles schuldbewußt zu gestehen. »Outing« übrigens heißt: seine Nase in prominente Schattenseiten zu stecken (und wenn es die eigenen sind). Fortan wurde alles erst wirklich schiach. Die BreitStraßen-Bären mutierten zu Weißwaschbären, Nachrichten-Bären und solche mit sprechenden Köpfen mischten auch noch mit. Alle diese großen Bären-Aufbinder kochten ihre eigenen (Bärenschöpfer-) Suppen. Einmal hat Goldi also sicher (zugegeben!). Das Geständnis beim Beichtvater war der Startschuß zu einem sonderbaren Wettrennen: Wer hat die Nase vorn beim großen Begnadigungshüpfen? Die »Krone« und »täglich alles« überboten sich dabei mit den immergleichen leeren Floskeln. Umgehend und mit Hilfe von Leser-Foren (Luther sagte bekanntlich: »Schaut dem Volke aufs Maul« - und nicht in den Zinken!) wurde pardoniert und entschuldigt. Damit die Absolution auch wirklich abgesichert ist, schaltete »täglich alles« auch noch den B.B. (= boxenden Bischof) Krenn ein (»Vergeben wir...«). Als genüge dies noch nicht, präsentierte der ORF »Zur Sache« mit mehreren »lines« (=Standpunkte, Entwürfe) an Doppelmoral und Bigotterie und überflog den kritischen Punkt endgültig: Inquisitor Oberhauser ist für Spenden und Wiedergutmachung, also Freikaufen; Ombudsmann Zilk hat Goldi adoptiert, kann keine Kasperltheater mehr vertragen und ist deshalb fürs Akteschließen; Toni Sailer, der Ex-Blitz von Kitz, fädelt bei seiner Argumentation ein (einmal »ist einmal keinmal« dann wieder »bleibt einmal doch« - erraten - »einmal«), außerdem stellt er kategorisch fest: »Berufsverbot ist nicht erlaubt!«

Das haben wirklich noch nicht alle gewußt. Etwa der ORF im Fall Mark N. oder die »Krone«, wenn es sich um ihre Fotografen handelt oder den »Normalbürger«, der als Drogenkonsument geoutet wird: da kan eine Strafe nicht schwer genug sein! Und dann der Doppeldoktor Hauptmann (Rechtspsychologe, Uni Salzburg, eh kloa), der den Fall Goldi nutzt, um längst überholte und gescheiterte Drogenbekämpfungsstrategien zu loben. Ach ja, die ÖSV-Disziplinarkommission sperrte Goldi - rückwirkend ab dem Beichttag - für sechs Monate und offenbarte damit, daß es den Funktionären in Wirklichkeit nur um den Einfluß auf ihren Star geht bzw. um Kohle.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann tischen sie uns weiter Bären - äh - Märchen auf.