jänner-februar 2000

Doc Holliday
schön und gut

Business as usual: Keine Zeit für Menschenrechte

Eigentlich war der 10. Dezember ein ganz gewöhnlicher vorweihnachtlicher Freitagnachmittag. Ströme von konsumgeilen Bürgern ergossen sich durch die Salzburger Altstadt und lebten völlig gestresst ihren Kaufrausch aus – mithilfe ihres bevorzugten Körperteils: dem Ellbogen. Den benützt der anständige Bürger nämlich nicht nur zur Beförderung seiner beruflichen Karriere, sondern auch zum Ausleben dieser heimtückischen Krankheit namens Weihnachtswahn. Den »Tag der Menschenrechte« wollte die im November gegründete »Plattform für Menschenrechte«, der neben der Bürgerliste noch kirchliche Basisgruppen, Kulturstätten, linke Jugend- und Studentenorganisationen sowie einige türkische und afrikanische MigrantInnen-Vereine angehören, nutzen, um im kalten Herzen der Mozartstadt für Toleranz und Menschlichkeit einzutreten. Als eine Reaktion auf das Wahlergebnis vom Oktober und eine Fortsetzung der großen antirassistischen Novemberdemo in Wien wollten die Veranstalter die Kundgebung verstanden wissen. Sehr bewusst wurde das Motto »Die Ausgrenzung ausgrenzen. Nicht die Menschen« verwendet. »Ausgrenzung« ist zwar ein Terminus, der von der FPÖ besetzt sei, aber »das ist ein Zynismus und der Begriff darf nicht dieser Partei überlassen werden«, meinte Josef Mautner von der Katholischen Aktion. Ein Beitrag zur überfälligen Neudefinition eines politischen Kampfbegriffs, den die Jörgl-Partie zur Konstruktion ihrer ewigen Märtyrerrolle braucht. Lobenswert auch, dass die Veranstalter – im Gegensatz zur Wiener Demo – keine SPler auf dem Rednerpodium duldeten. Dass der Kundgebung mit 200 bis 300 Teilnehmern nicht der gewünschte Erfolg beschieden war, hatte mehrere Ursachen. Einerseits den fürs Wetter zuständigen Petrus. Wahrscheinlich wollte er seine Schäfchen auf dem Mozartplatz einer kleinen Prüfung unterziehen. Er schüttete einen Kübel mit Regenwasser nach dem anderen auf das wackere Häuflein Aufrechter. Andererseits ließ das Medienecho schon im Vorfeld sehr zu wünschen übrig. Das mag, wie mangelndes Rühren der Werbetrommel, teilweise Schuld der Veranstalter gewesen sein. Teilweise aber schlicht Ignoranz. Salzburgs »Qualitätszeitung« SN, bei der angeblich von Balkon tropfendes Hammelblut gern zu zentimeterdicken schwarzen Schlagzeilen gerinnt, fand die Menschenrechtskundgebung nicht so wichtig. Um die Kürzestmeldung darüber zu finden, wäre eine Lupe vonnöten.