jänner-februar 2000

Doc Holliday

Fight For Your Right To Party

Salzburg könnte im Jahr 2000 Schauplatz einer Street Parade sein

Kultur ist in Österreich bekanntlich Chefsache. Das gilt nicht nur für den Bund in Wien, sondern auch in Salzburg. Wer nun die ursprüngliche Idee für eine Street Parade, also einen Umzug verschiedener DJs und Musiker auf Lastwägen durch die Mozartstadt hatte Bürgermeister Schaden oder, so die offizielle Lesart, der Chef der Szene Michael Stolhofer, womöglich handelte es sich auch um eine Form von Gedankenübertragung - läßt sich nicht mehr genau eruieren. Jedenfalls ist der Einfall auf höchster Ebene ausgebrütet worden. Die Realisierung übernahm die Szene, die unverzüglich ein Komitee bildete: Bewährte Funktionäre und Manager wurden zu einem Gipfeltreffen einberufen, um die Modalitäten zu erörtern. Mit von der Partie: Bruno Gabriel (Jugendservicestelle), Wolfgang Schick (Jugendinitiative Akzente), Christian Rothe (Stadtleben), Wolfgang Descho (Rockhouse) und Charly Zechenter (ARGE Kulturgelände). Die Veranstaltung mit dem vorläufigen Arbeitstitel »Unite!«, die am 22. Juli 2000 ein Teil des »Festes zur Festspieleröffnung« sein soll, befindet sich derzeit noch im Planungsstadium. Sicher ist nur, dass zur Finanzierung Stadt und Land ihren Beitrag leisten werden, aber das Organisationskomitee die Aufgabe hat, sich nach privaten Sponsoren umzuschauen. Diese Businesspartner könnten sich in die Parade einkaufen und im Gegenzug würde ihnen auf den LKWs eine Werbeplattform geschaffen. Eine mögliche Route könnte von der Autobahnmeisterei (Auffahrt Mitte) durch die Ignaz-Harrer-Straße über die Lehener Brücke zum Bahnhof führen. Dort wäre dann in der Radgarage ein Abschlussfest geplant. Wobei die Tauglichkeit dieser Location in puncto Sound mehr als fraglich erscheint. Bei Niederschrift dieser Zeilen, Mitte Dezember 99, ist aber noch keine definitive Entscheidung gefallen. Wird der Straßenumzug realisiert, wollen die Organisatoren für mindestens 15 LKWs sorgen. Gelingt dies nicht, dann ist diese Variante »gestorben«, so Szenemitarbeiterin Nadja Abdelkader. Kritik an dieser Form der Parade kommt unter anderem von Zechenter, der »von einer ausgelutschten Idee spricht«. Auch die Routenführung ist nicht unumstritten. Schließlich würde das Stadtzentrum links liegengelassen werden. Laut Wolfgang Descho sei die Konzentrierung auf die Peripherie durchaus als eine »ideologische Entscheidung« zu verstehen. Es solle auch den Stadträndern einmal etwas geboten werden. Spekulationen, dass etwaige Sponsoren Einfluss auf den möglichen Weg der Prozession nehmen könnten, werden entschieden zurückgewiesen. Eine von Zechenter vorgeschlagene Alternative zur Umzugsidee wäre der Aufbau verschiedener stationärer Sound Systems, verteilt über die ganze Stadt. Ein berühmtes Vorbild hätte man auch: Den Notting Hill Carnival in London. Dezentralisierung und die Möglichkeit diverse Partys gleichzeitig mit einem ordentlichen Sound abzuwickeln, wären die Vorteile. Wer nämlich jemals auf der Free Party in Wien war, weiß, dass die Klänge schnell zu einem unidentifizierbaren Brei verschmelzen. Dieser einmal jährlich auf der Ringstraße stattfindende Umzug mit letztens etwa 30 Trucks ist eines der Vorbilder für »Unite!«. Listigerweise ist die Free Party als Demo für das Recht auf Spaß angemeldet. Da sparen sich die Organisatoren die Lustbarkeitssteuer und ähnliche Abgaben. Politisch relevanter ist die Regenbogenparade der Schwulen und Lesben. Die Love Parade, dieses Riesenvolksfest, das in Berlin inzwischen etwa eine Million Raver anlockt, dürfte auch nicht ganz unschuldig sein an der plötzlichen Umzugseuphorie. Bei der ersten Love Parade 1989 nahmen gerade 150 Tanzwütige teil. Begleitet wurden sie damals von einem(!) VW-Bus. Eine von »unten kommende« Basisveranstaltung ist keine der Genannten. Der weitere Fahrplan für Salzburg: Ende Jänner gibt es eine Pressekonferenz. Die an einer Teilnahme Interessierten - die Veranstalter betonen die Offenheit für sämtliche Pop-Stile - müssten sich dann bis ca. Ende März melden.