jänner-februar 2000

Thomas Randisek
leitartikel

Quiet Please!

Der ÖVP-Stadt sind ihre Defizite im Bereich der Kultur wohl bewusst. Nicht zuletzt deshalb ließ sie vor den Gemeinderatswahlen im März 1999 in der Stadt auch einen Artikel des »Standard« affichieren, um anzukündigen, dass mit dem Kandidaten Alfred Winter nun endlich Kompetenz in die Fraktion einziehen würde. Und bei den konkreten Vorhaben etwa hieß es: Ja zu mittelfristigen Fördervereinbarungen mit Kulturstätten.

Knapp ein dreiviertel Jahr später stellt sich die berechtigte Frage: Alles wieder beim Alten? Ex-Tennisspielerin und Neo-Klubobfrau Judith Wiesner legte anlässlich der »Neufassung der Subventionsrichtlinien der Stadt Salzburg« eine Stellungnahme ihrer Fraktion vor, die die Fördervergabe »revolutionieren« sollte. Herausgekommen ist der zu Papier gebrachte kulturpolitische Offenbarungseid der Konservativen.

Die ÖVP wollte die Förderrichtlinien - ein Verwaltungsinstrumentarium - ordentlich ideologisch pfeffern und rechnete wohl mit wenig öffentlichem Gegenwind. Der kam aber prompt - weniger von Seiten der anderen Parteien als vom Dachverband Salzburger Kulturstätten wie auch vom Kulturamt.

Die Neupositionierung der ÖVP-Stadt ist nichts weniger als ein Frontalangriff, da sich die Änderungsvorschläge auf die inhaltliche Arbeit von KünstlerInnen und autonomen Kultureinrichtungen konzentrieren. Nicht mehr als ein Versuch, Kulturschaffenden politische Zielsetzungen vorzugeben und in die Autonomie privater Vereine einzugreifen. Auch nicht gerade revolutionär: Die ÖVP geht nach wie vor vom Begriff der Ehrenamtlichkeit in der Kulturarbeit aus - aber nur dann, wenn es sich um Kulturstätten handelt. Oder soll in Zukunft gelten: Gratis Kulturarbeit nun auch bei den Festspielen?

Den Fetisch Privatwirtschaft immer vor Augen will die ÖVP gleich auch Qualitätsstandards in der Kulturarbeit. Abgesehen davon, dass die Festlegung von verbindlichen Qualitätsstandards im Kunst- und Kulturbereich schwer objektivierbar ist, verlangt sie auch von politischen Verantwortlichen und Prüfern ebens hohe Qualifikation und umfassende Kenntnisse im Kunst und Kulturbereich. Der Beweis einer solchen Qualifikation wurde durch das vorgelegte Positionspapier jedenfalls nicht erbracht.

Öffentliche Kulturförderung ist den Stadt-Konservativen immer noch suspekt - der freie Markt soll sich der Sache »Kultur« annehmen. Deshalb soll die Förderung auch zeitlich radikal auf zwei Jahre eingeschränkt werden - verschleiernd im Positionspapier »Startförderung« genannt. Da Kulturarbeit eben nicht mit marktwirtschaftlichen Kriterien gemessen werden kann, bedeutet eine «Startförderung« auch schon wieder das Ende, denn Kulturförderung bedingt Kontinuität. Autonome Arbeit im Kunst- und Kulturbereich darf sich nicht an Gewinnmaximierung und betriebswirtschaftlichen Effizienzkriterien orientieren, sondern an künstlerischen Entwicklungen und gesellschaftlichen Notwendigkeiten. Die Forderung, Kunst und Kultur müsse sich binnen zwei Jahren am Markt bewähren endet bei Musikantenstadl und Operettenfestspielen. Kritisch reflektierende Kulturarbeit ist also nicht Sache der ÖVP. Gänzlich daneben auch Vorschläge wie die verbindliche Festsetzung eines bestimmten Prozentsatzes an Eigenleistungen oder die Unterstellung, die MitarbeiterInnen in den Salzburger Kulturstätten wären unterqualifiziert - solche Vorschläge zeigen vor allem eines: eine grundsätzliche Unkenntnis der freien Kulturszene.

Der Versuch die Förderrichtlinien politisch zu instrumentalisieren verlangt Widerstand. Er zeigt das Kulturverständnis einer Partei, die in ihrem »Zukunftsforum« den Begriff der »autonomen Kulturarbeit« nicht einmal kennt. Der schwarze Kulturhorizont endet - von oben gesehen - nach wie vor bei Institutionen wie dem Landestheater. Von liberalen Positionen - und Alfred Winter - weit und breit keine Spur.