september-oktober 1997

Mario Jandrokovic
kommentar

Hierarchischer Buchhandel

Zahllosen mehr oder weniger kleinen Verlagen, die von Österreich aus im Bereich avancierter Literatur agieren, fällt die undankbare Rolle zu, in schrebergartengroßen Nischen zu agieren - und dies nicht unbedingt gemäß der Resonanz der (literarischen) Öffentlichkeit, jedenfalls aber in Augen der öffentlichen Hand. Ein weiteres Mal wird hier die schiefe Ebene der Umverteilung der Mittel offensichtlich. Darüber hinaus zeigt sich immer wieder, daß der Bereich der Kultur keineswegs ein Schutzmantel vor den Hackordnungen des Marktes ist und von demher fair play nicht stets als verbindliche Maxime gilt. Der von Klagenfurt und Wien aus agierende Verleger Alfred Goubran, in dessen edition selene schon so manches auch von der kunstfehler-Redaktion mit Freuden goutiertes Werk (unter anderem die immer wieder denkwürdigen, von Fritz Ostermayer mitherausgegebenen Sumpfbücher) erschien, hatte kürzlich mit Reclam Leipzig einschlägige Erfahrungen in den Hierarchien am Buchmarkt gesammelt.

»Trash Piloten. Texte für die 90er« mußte sinnigerweise der Sammelband heißen, den Heiner Link für den Verlag zusammenstellte, der durch die »Wiedervereinigung« mit erstarkter Position am deutschsprachigen Markt agiert. Unter den Texten, die einerseits die Literatur der Jetztzeit, andererseits wohl auch die Anteilnahme eines Großverlages am gegenwärtigen Literaturgeschehen repräsentieren sollte, fand sich auch »Das öffentliche Ärgernis« von Bachmann-Preisträger Franzobel, erstmals erschienen vor zwei Jahren in der edition selene. Nachdem der Verlag mit einer kleinen Randbemerkung über die Erstveröffentlichung, und nach Protest mit läppischen 2.000 Schilling hätte abgespeist werden sollen, ging Alfred Goubran vor Gericht. In ihrem dezenten, jedoch eindeutigen juristischen Muskelspiel versuchten die deutschen Verleger, mit ihrer finanziellen Überlegenheit den »Kleinunternehmer« Goubran vom kostspieligen Gerichtsweg abzuhalten. Dieser bewirkte schlußendlich eine einstweilige Verfügung, die den den Druck sowie die Auslieferung der bereits gedruckten Bücher unterbinden sollte. Allerdings wurde, nachdem die Produktionsmaschinerie des Verlags bereits angerollt war, dem gerichtlichen Bescheid keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Letztendlich bekam der österreichische Verleger, nachdem er nicht kleinbeigeben wollte, rund 7.000 Schilling zugesprochen: die Gerichtskosten trägt der Leipziger Großverlag.

Mario Jandrokovic