september-oktober 1997

kurzfehler

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Stars wie Vanessa Mae hätten es zuerst sein sollen, zuletzt verkündet Info Z-Leiter Rothe in den SN, daß beim Weltkulturerbe-Fest jene Salzburger Künstler zum Zuge kommen, »die sonst normalerweise durch den Rost fallen«. Abgesehen von der unerträglichen Formulierung, schön, von offizieller Stadtseite zu hören, daß Salzburg seine Künstler sonst »durch den Rost fallen läßt«.

Dafür findet das Fest werktags statt, weil am Wochenende starten die Kulturzentren, und »wir wollen diesen Termin nicht mit unserem Fest abschießen" (Zitat Kulturamtsleiterin). Ein hehres Ziel. Zuerst nicht durch den Rost gefallen und dann auch nicht abgeschossen. Oder umgekehrt.

Dafür am Donnerstag um 9.00 Uhr rein in die Krönungsmesse im Dom. Das wird ein Hallo. Alle Salzburger werden kommen. Und weils gleichzeitig die Schulmesse ist, alle Schüler auch. Für die gibts gleich noch zwei Tage frei. Aber halt: Erstens wissen die noch nichts von ihrem Glück, zweitens dürfen sie nicht, und drittens könnten sie zwischendurch abhauen.

Kostenloser PR-Tip: Warum nicht Soldaten? Da kann man verkünden, daß man mit dem Fest der kämpfenden Truppe das Weltkulturerbe näherbringen wollte. Wenn die den Schießprügel daheimlassen, können sie auch niemanden abschießen. Und Feste feiern läßt sich per Befehl auch leichter. Also: Ausrücken zum Katastropheneinsatz. Helm ab zum Schulgebet mit Mozart. Befehl: Feier frei. Amen und Danke.

»Schön sprechen!«, schallte es den Frauen im Sommer von männlicher Seite in diversen Medien entgegen. Ausschlaggebender Grund für die Ordnungsrufe zur Rettung der (deutschen) Sprache war der »Leitfaden für einen geschlechtergerechten Sprachgebrauch« . Und da versteht Mann nicht nur die Welt nicht mehr, sondern sieht auch gleich Parallelen zu den »sprachlichen Reinheitsgeboten des Dritten Reiches« (Samo Kobenter im Standard). Denn reden, wie einem der Schnabel (oder ein anderes Körperteil) gewachsen ist, will man sich von den politisch Korrekten (wie wir aus berufenen Mündern der FPÖ immer wieder erfahren bekanntlich eine mafiaähnliche Verschwörerbande) aber jetzt wirklich unter keinen Umständen verbieten lassen. Und so ereiferten sich akademisierte Leserbriefschreiber über die »Ästhetik der Sprache«, das »Sprachgefühl« und zogen den Kurzschluß, daß ja, wenn im Englischen »man« sovirl wie »Mensch« heißt, das ganze Getue sowieso nur auf die Unkenntnis der indogermanischen Wurzellehre zurückzuführen ist. Sprachforschung als Naturkunde - so einfach geht das. Dabei wird nicht nur übersehen, daß gerade Sprache (als sozio-politisches Konstrukt) ein Unterdrückungsinstrument zur Unsichtbarmachung und Unsichtbar- haltung gesellschaftlicher Gruppen darstellt. Auch »man« bezog/ bezieht sich im angloamerikanischen Sprachraum zuallererst einmal auf männliche Weiße. Sprachliche Korrekturen alleine können zwar keine realen Veränderungen bewirken, aber immerhin dienen sie zur Sichtbarmachung sowohl derer, die bis jetzt im Dunkeln standen, wie auch der Mechanismen, die dafür verantwortlich waren. Bei soviel Aufregung um »In/Innen« stellt sich sowieso die Frage, ob Männer vielleicht deshalb so gereizt reagieren, weil sich die Frauen etwas »um/anhängen«. Und das, so schließt die männliche Psyche blitzschnell kurz, kann ja nur etwas sein, was vorher den Männern weggenommen wurde. Theweleit, übernehmen Sie!

Jürgen Kuczynski ist tot. Noch in der August-Ausgabe hat der kunstfehler seinem jüngsten Buch »Fortgesetzter Dialog mit meinem Urenkel - Fünfzig Fragen an einen unverbesserlichen Urgroßvater« einen Beitrag gewidmet. Knapp nach Erscheinen der Sommernummer erreichte uns die Nachricht, daß der 1904 geborene marxistische Sozialwissenschafter am 6. August in Berlin gestorben ist.

Kunst und Zensur findet in Salzburg nicht statt! Zumindest nicht die gleichnamige Ausstellung »An der Grenze des Erlaubten - Kunst und Zensur in Österreich«. Je öS 30.000.- öffentliche Förderung der Kulturabteilungen von Stadt und Land Salzburg waren wohl zu viel in Zeiten, in denen ein ex-adeliger Anruf beim LH eine Million an Förderung bringen kann - oder für ein Stadtfest gleich 8 Mille von der vermeindlich finanzmaroden Stadt verpulvert werden. Erstaunlich auch, daß sich die Universität Salzburg - ohne Angabe von Gründen - weigerte, die Ausstellung des Universitätskulturzentrums Klagenfurt zu präsentieren. Wie gesagt: Eine Zensur findet nicht statt!