jänner-februar 1998

Ursula Rotter
gelesen

Asfalter

»Randgruppen« machen Zeitung

London-BesucherInnen kennen »The Big Issue«, Wien-LiebhaberInnen den »Augustin« und Grazer StudentenInnen das »Megaphon«. Und aufmerksame SalzburgerInnen den »Asfalter«. Denn seit 1. Dezember hat auch die Hauptstadt der Wohnungsnot ihre eigene Straßenzeitung. Diese »andere Art der Selbsthilfe« (Soziale Arbeit GmbH-Chef Markus Gstach) soll einerseits zum besseren Verständnis von Randgruppen beitragen und gleichzeitig den Wiedereinstieg in ein »normales« Leben erleichtern. Denn die Betroffenen machen - im Gegensatz z. B. zum von Sozialarbeitern erstellten »Megaphon« - ihre Zeitung selbst. In für jede/n offenen Schreibwerkstätten im Saftladen (Lokal der Bewährungshilfe) wird der Asfalter geplant, geschrieben und diskutiert. Erstaunlich dabei ist, so Projektleiter Andi Kuntner, daß »ernsthaft journalistisch« gearbeitet wird. Nach Satz und Druck (Auflage 5.000 Stück), die Kuntner als derzeit einzig vollangestellter »Koordinator« vorbereitet, verkaufen die Asfalter-Kolporteure die Straßenzeitung. Wobei die »Straße« nicht ganz so wörtlich gemeint ist. Den Asfalter kann man/frau genauso gut im LKH oder in diversen Beisln um 20 Schilling kaufen. Zehn davon bleiben dem Kolporteur.

Das erste Exemplar orientiert sich - jahreszeitbedingt - an (vor)weihnachtlichen Gefühlen. Von Liebe und dem für Gehbehinderte unerreichbaren Marmorsaal ist die Rede, von Weihnachten in fremden Ländern und kleinen Winterwundern. Aber auch Porträts und ein Veranstaltungskalender haben einen Fixplatz in der 24 Seiten starken »Boulevard«-Zeitung.

Das Pilotprojekt scheint gut anzukommen: In der ersten Woche wurden bereits 1.000 Exemplare verkauft.