jänner-februar 1998

Gerald Gröchenig

Die Kärntner Kultur- und Künstlerstadt Gmünd

Eine Kulturinitiative prägt eine Stadt

Fährt man von Salzburg aus auf der Tauernautobahn Richtung Süden, so wird einem die Ausfahrt Gmünd, zwischen Rennweg und Spittal an der Drau gelegen, kaum sonderlich auffallen. Vielleicht sieht man noch den Hinweis auf das Porsche-Museum, das etwas außerhalb der Stadt liegt. Daß der Begriff »Kultur- und Künstlerstadt« nicht bloß schmückendes Beiwerk ist, merkt man erst, wenn man den Abstecher von der Autobahn runter wagt.

Gmünd selbst hat ca. 2.000 Einwohner, wirtschaftlich ist die Region von landwirtschaftlichen Kleinbetrieben geprägt. Handel und Gewerbe zentrieren sich auf die Gegend um das nahegelegene Zentrum Spittal. Einzig der Fremdenverkehr verspricht Wachstums-chancen. Kulturell ist in dem Bezirk, der ca. so groß wie Vorarlberg ist, nicht sehr viel los, sieht man von den Komödienspielen im Schloß Porcia, den Orgelwochen in Millstatt sowie gelegentlichen Veranstaltungen in Radenthein ab. Daß sich das kleine Gmünd heute als kultureller Hauptort in der Region sehen darf, ist das Ergebnis langer und kontinuierlicher Arbeit.

1991 wurde die Kulturinitiative gegründet. Und diese bemüht sich seit damals, aus dem Ort ein kulturelles Zentrum zu schaffen: Zuerst holte man »Neues« in die Stadt, bot regelmäßig Kleinkunstveranstaltungen neben der traditionellen Volkskultur an. Räume wie ein altes Kino wurden für diese Veranstaltungen renoviert und adaptiert. Bildende Künstler wurden eingeladen, in Gmünd zu arbeiten und Gestehungsprozesse wie Ergebnisse der Bevölkerung zugänglich zu machen. Und die Bewohner kommen dann auch zu den Vernissagen, wenn »ihre« Künstler die Gmündner Arbeiten herzeigen. Ateliers und Künstlerwohnungen wurden geschaffen, wobei die Substanz der Gebäude soweit wie möglich erhalten werden konnte. In den letzten Jahren haben einige Künstler aus der Region ihren Hauptsitz nach Gmünd verlegt, was zu einer regen Ausstellungstätigkeit führte (zwei Hausgalerien halten gar täglich ihre Tore offen).

Dem Besucher bietet die Stadt im Umkreis von 10 Gehminuten folgendes an:

• Da ist einmal eine der besterhaltenen mittelalterlichen Kleinstädte Österreichs, eine intakte Stadtmauer mit vier Stadttoren, Plätzen, engen Gassen, und keinerlei Bausünden der Nachkriegszeit, die diese Kompaktheit stören.

• Die Alte Burg konnte vor dem Verfall gerettet werden. Sie beherbergt heute ein großartiges Cafe-Restaurant (mit einer Auswahl vom Kärntner Schmankerl bis zum Burggelage), ein »Burg-theater«, das sich dem zeitgenössischen Theater widmet sowie einige (teil)adaptierte Räumlichkeiten, die für Konzerte, Ausstellungen, Workshops und Kurse genutzt werden können.

• Ein jahrhundertealtes Stallgebäude wurde renoviert und dient als moderne Galerie mit dem Schwerpunkt zeitgenössischer Kunst.

• Für größere Ausstellungen (in den letzten Jahren waren dies Herbert Böckl und Max Weiler) kann der Stadtturm genützt werden.

• Das Malta-Tor, eines der vier Stadttore, wurde saniert und dient heute als Wohnstätte und Gastatelier für Künstler, die von der Gemeinde für zwei Monate als »Stadtkünstler« eingeladen werden.

• Da ist natürlich die Galerie des in Gmünd ansässigen Künstlers Fritz Russ, der seine Skulpturen aus zu Schrott verkommenen Gerätschaften und Vorrichtungen zusammensetzt.

• Daneben bietet man an: Musikalisches zwischen Klassik im Stadtsaal und Rock auf der Burg, Musikseminare, Literatur, Kabarett, Kinderfeste, Kunsthandwerk, Märkte, usw.

Derzeit wird ein Haus aus dem 18. Jh. renoviert und zu einem Kunsthandwerkshaus adaptiert, das Kunsthandwerkern zur Verfügung gestellt werden soll. Auch an der Neugestaltung des Kirchenplatzes sollen Künstler beteiligt werden: Nach einer Idee der Kultur-initiative sollten sie die Bänke des Platzes entwerfen.

Die Gemeinde unterstützt den Verein mit 180.000,- jährlich, dazu gibt’s noch das Kulturbüro im Rathaus (eine beachtliche Leistung, wenn man an die Einwohnerzahl denkt). Dafür kann man die Früchte dieser kontinuierlichen Arbeit langsam ernten: während andere Umlandgemeinden mit an den Haaren herbeigezogenen Events nach Publicity schielen (z. B. Blondinentreffen oder eine geplante Seebühne in Millstatt), kann sich Gmünd durch die Mischung aus sensiblem Umgang mit seinem kulturellen Erbe sowie der Auseinandersetzung mit Neuem immer mehr Freunde schaffen, die auch außerhalb der Hauptsaison gerne vorbeischauen.

Wer für den nächsten Tagesausflug oder Kurzurlaub noch nichts vorhat: Gmünd zahlt sich aus.

Anfahrt: Tauernautobahn A10, Abfahrt Gmünd

(zwischen Rennweg und

Spittal a. d. Drau)

von Salzburg ca. 120 km

Zimmerreservierung:

Mitten im Ort:

Gasthof Kohlmayr 04732/2149,

Gasthof Prunner: 04732/2187

Gästeinformation (im Rathaus): 04732/2215-14

Kulturprogramme erfragbar über das Kulturbüro(im Rathaus): 04732/2215-24

Cafe-Restaurant »Alte Burg«: 04732/3639

Was hat die Region noch zu bieten?

Wandern (Nockberge, Tauern), Baden (Millstätter See), Familienurlaub (Baby- und Kinderhotels)