jänner-februar 1998

Thomas Neuhold
schön und gut

Zwischen Gobelsburg und Leutschach

In »schön & gut« - der »kunstfehler«-Rubrik von jenen Dingen, die das Leben lebenswert machen - soll an dieser Stelle einmal der Wein im Mittelpunkt stehen. Der Autor will sich hier aber nicht als Experte in Sachen Rebensaft outen; solch selbsternannte KennerInnen, die selbst dem Tetrapack noch einen zartpfeffrig-rustikalen Abgang voll nerviger Komplexität attestieren, gibt es ohnehin zur Genüge. Reden wir lieber über die hohe Kunst des Einkaufs, reden wir übers Geld. Als in den 80er Jahren die Sakko- und Krawattenfraktion den Wein als Statussymbol entdeckte, verlangte der Markt nach Weinläden. In Österreich bekam er sie in Form von »Wein & Co« - gesalzene Preise, beeindruckende Handelsspannen inklusive. Mit dem Anspruch zu jeder Zeit eine breite Palette von Rust bis Kapstadt anbieten zu können, setzt der weinselige Handelsgigant jährlich über 200 Millionen Schilling um.

Die Gegenbewegung zur Globalisierung in den Weinregalen kam prompt: Weil der Wein für viele eben beinahe etwas Intimes ist, verzichteten immer mehr Menschen auf die Internationalität von Bordeaux bis Kalifornien und reduzierten ihren Einkauf auf einige wenige österreichische Weingüter. Der Direktbezug kommt auf Sicht billiger und bringt auch ein Stück persönliche Weinkultur zurück in die Keller. Zwei ganz unterschiedliche, aber in hohem Maß empfehlenswerte Quellen für den Direktbezug edler Tropfen seien hier exemplarisch angeführt:

* Schloß Gobelsburg im niederösterreichischen Langenlois: Das 33 Hektar große Weingut des Stiftes Zwettl war in den letzten Jahren schon ziemlich heruntergekommen, bis 1996 Michael Moosbrugger und Willi Bründlmayer die Spitzenlagen übernahmen. Binnen Jahresfrist gehörten der Gobelsburger Riesling und der Veltliner zu den Top-Weinen Österreichs. Dementsprechend sauteuer ist der Qualitätstropfen, außer man/frau begibt sich direkt nach Gobelsburg, wo ein Spitzenwein noch unter 100 Schilling (0,7 l) über den Ladentisch wandert.

* Ganz anders das Weingut Birnstingl im südsteirischen Leutschach: Wer auf erdigen Welsch-riesling oder leichten Zweigelt steht, ist hier bestens aufgehoben. Seit Generationen bewirtschaftet die kleine Weinbauernfamilie den Hof und so sind die Birnstingls trotz Weinboom und anerkannter Qualität preislich am Boden geblieben: Ein Liter Bergwein (Zweigelt Cuvee) kostet sagenhafte 30 Schilling.