märz 1998

Gerald Gröchenig
gelesen

PETRA STRENG, GUNTER BAKAY:

Bauernerotik in den Alpen. Das Liebesleben der Tiroler vom Mittelalter bis ins zwanzigste Jahrhundert. Edition Löwenzahn, 97

Gleich am Beginn gesteht man ein, daß »Erotik« in den Alpen ein Widerspruch zu sein scheint. In Quellen ist nichts über ausgefeilte Liebestechniken oder Kunstgriffe der Gebirgler zu finden, und deshalb sucht man danach auch vergebens in der vorliegenden Studie: »sexuell aktiv, aber unerotisch«, so das eindeutige Urteil.

Dafür erfährt man dann einiges über das Liebesleben, über Almen und Sennerinnen, Feiertage als Lastertage, übers Tanzen, das die Obrigkeit gar als »Werk der Finsternis« verboten hat, über das erotische Leben in Spinnstuben, Fensterln und Gaßln, über Probenächte, ledige Kinder und »s’Heiraten«.

Autorin und Autor, beide promovierte Volkskundler, haben sich der Vermittlung volkskulturellen Wissens verschrieben, wobei sie fachliches Wissen mit populärem Erleben vereinbaren wollen. Am Ende gestehen die beiden Autoren den Tirolern ein »poetisches« erotisches Leben zu, wobei sie aber auch die Schattenseiten, die zu diesem Bild dazugehören, nicht aussparen: die Kapitel über Verhütung, Abtreibung und auch Kindsmord gehören genauso zum Thema. Gegenden mit höherer Volksmoral scheint es in Tirol ohnehin nie gegeben zu haben: In Gebieten mit wenig unehelichen Kindern schrieb man dies eher dem vermehrten Vorkommen von Pflanzen mit abtreibender Wirkung zu.