märz 1998

Doc Holliday
geschaut

Bruce Lee: Zum 25. Todestag des Meisters »Tritt-in-den Po«

Rückblende: Der Ort - ein ausverkauftes Lichtspieltheater in einer kleinen Provinzstadt; die Zeit - etwa 1975. Im Radio läuft seit Monaten »Kung Fu Fighting«. Das ZDF startet gerade die Serie «Kung Fu«, und in unserer Kleinstadt hat das erste Pub (!) samt dazugehöriger Karate-Schule aufgemacht. Im Kino wird ein Eastern gegeben. »Der Mann mit der Todeskralle« lautet sein reißerischer Titel - auch im Original macht er viel her: »Enter The Dragon« aus dem Jahr 1973 ist die erste Coproduktion zwischen Hongkong und Hollywood und besticht aus zwei Gründen: die unglaubliche Choreographie der akrobatischen Kampfszenen und das Charisma des 151 cm kleinen Hauptdarstellers Bruce Lee, der sich gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit (meist) nur mit bloßen Händen und Füßen wehrte. Dies war der letzte Film, den der Grenzgänger zwischen chinesischer und amerikanischer Kultur fertigstellen konnte. 1973 starb er 33jährig unter mysteriösen Umständen. Der Stoff aus dem Mythen gemacht werden: Im Bett einer chinesischen Geliebten dahinzuscheiden, obwohl verheiratet mit einer Amerikanerin, und darüberhinaus Gerüchte, daß Drogen im Spiel waren. Tatsächlich war Lee schon längst eine Pop-Ikone. Mit seinen Postern waren die Jugendzimmer von Kingston bis Eberschwang tapeziert. Wieder einmal wurde aus einem BRAVO-Starschnitt Altar und Projektionsfläche von Wünschen und Träumen. Um seine eigenen hatte der in San Francisco geborene und in Hongkong aufgewachsene Lee immer hartnäckig gekämpft. So »sampelte« er sich seinen persönlichen Kung Fu-Stil aus verschiedenen altüberlieferten Kampfformen. Deshalb, und weil er in den USA auch Nicht-Chinesen in den Selbstverteidigungstechniken unterrichtete, zog er sich den Zorn der traditionsfixierten Chinesen zu. Obwohl er bereits als Kind in Hong-kong in über 20 Filmen gespielt hatte, gelang es ihm nicht, in Hollywood Fuß zu fassen. Einige kleinere TV-Rollen und ein Filmauftritt, in dem er aus Möbeln Zahnstocher machen durfte, waren die magere Ausbeute. Dabei konzipierte Lee auch die bereits erwähnte Kultserie »Kung Fu« mit. Für die Hauptrolle erachteten ihn die Produzenten dann aber als »zu klein und zu chinesisch«! Auf diese rassistische Behandlung reagierte er 1971 mit seiner Rückkehr nach Hongkong, wo er das althergebrachte Studiosystem, das jeden Schauspieler als Eigentum der Filmgesellschaften betrachtete, aufzumischen begann. Dank des weltweiten Erfolgs erkämpfte er sich tatsächlich eine Sonderstellung, und beim dritten Streifen »Die Todeskralle schlägt wieder zu« (1972), durfte er nicht nur Chuck Norris panieren, sondern auch noch Buch und Regie übernehmen. Die Grenzen zwischen Kino und Realität verwischen beim Rebellen Lee. Das macht ihn weltweit zur Identifikationsfigur für alle Ghetto-helden. Die Botschaft ist klar: der Underdog triumphiert physisch und moralisch über den Unterdrücker.

Mozart: Darf's a bisserl mehr sein?

»Da sagen die Leute sogar vor dem Essen Mozart zueinander«, bemerkte dereinst ein Amerikaner, nachdem sich Ortsansässige im Dialekt einen guten Appetit gewünscht hatten. Was würde der entnervte Gast erst sagen in Hinblick auf 2006? Daß Mozart, die Trademark der Stadt, anläßlich seines 250. Geburtsjahres auch gebührend im Umlauf sein wird, dafür sorgt nicht zuletzt ein neues Logo: Mozart ins Kreuz mit 2006 und Salzburg. Eine namhafte Jury, sie umfaßte die Festspielpräsidentin ebenso wie Design-Meister, hat den Entwurf von »Pentagram Design« aus London auserkoren, den man sich auch in zehn Jahren immer noch anschauen kann, so Inge Brodil vom Generalsekretariat für 2006. Die knalligen Farben, mit denen MOZART buchstabiert ist, muß der »kunstfehler« seiner Leser-Innenschaft vorenthalten, nur soviel sei gesagt: Das Logo wirkt wie ein Triumph über den Phantomschmerz, den offenbar die fünf bunten Olympia-Ringe hinterlassen haben.

Mario Jandrokovic

Kunsteingriffe - die beste

Verteidigung

Ein brisantes Thema wie »Kunsteingriffe - Möglichkeiten politischer Kulturarbeit« brachte in Form eines Symposions im RadioKulturhaus des Wiener ORF nicht nur helle Köpfe auf einem Fleck zusammen (mit Rolf Schwendter, Günther Jacob, Johanna Schaffer und Miriam Wischer seien nur einige genannt), sondern diente auch der Veranstalterin IG Kultur als anschauliches und herzeigbares Lebenszeichen, da Programm wie Form für Diskursives und Offensives standen. Beides blieb gleich einmal auf der Strecke, als KulturpolitikerInnen unterschiedlicher Couleur bei der Eröffnung ein gewohnt dünnes Solidaritäts- und Kompetenzsüppchen gewaltig zeitlich streckten - da half auch nicht die Würze von Hannah Arendt-Samples, die in den O-Ton von Chefsachensekretär Widmann gemixt wurden. Der Austausch zwischen Kultur und Politik manifestierte sich in Geduld und höflichem Geklatsche. Erfahrungen und Anekdoten hemdsärmeliger Kulturarbeiter plus theoretisch fundiertes Auf-den-Grund-Gehen sollten eigentlich kein unmotiviertes Aneinandervorbei ergeben, doch in gesprochenen wie geschriebenen Glossen stellte sich die altbekannte beleidigte Miene der Diskursfeindlichkeit ein, die wieder einmal einen vermeintlichen Konflikt zwischen praxisbezogener Bodenständigkeit und theoretischer Fundiertheit in der degoutanten nationalen Verkleidung Österreicher versus Deutsche austrug. Frühstücken in kleinen Arbeitsgruppen hätte an sich eine handfestere kulturpolitische Auseinandersetzung mit sich gebracht, doch ein Thema wie »Basisdemokratie versus Qualität« von Katrin Kneissel aus dem Sekretariat des Chefsekretärs für Kultur zog zwangsweise immerwährende Neutralität der Standpunkte nach sich. Was denn Qualität sei, wußte letztlich niemand mehr zu antworten. Katrin Kneissel zeigte dagegen rührende Anteilnahme an den Belangen der Basis. So bleibt erst mal zu hoffen, daß Kneissel beim Kulturprogramm zum EU-Vorsitz Österreichs die Basis nicht gänzlich gegen jene Qualität ausspielen wird, die in Sängerknaben, Tenören und angesehenen Kuratoren konserviert ist.

-jandro-

Bruce Lee: Zum 25. Todestag des Meisters »Tritt-in-den Po«

Rückblende: Der Ort - ein ausverkauftes Lichtspieltheater in einer kleinen Provinzstadt; die Zeit - etwa 1975. Im Radio läuft seit Monaten »Kung Fu Fighting«. Das ZDF startet gerade die Serie «Kung Fu«, und in unserer Kleinstadt hat das erste Pub (!) samt dazugehöriger Karate-Schule aufgemacht. Im Kino wird ein Eastern gegeben. »Der Mann mit der Todeskralle« lautet sein reißerischer Titel - auch im Original macht er viel her: »Enter The Dragon« aus dem Jahr 1973 ist die erste Coproduktion zwischen Hongkong und Hollywood und besticht aus zwei Gründen: die unglaubliche Choreographie der akrobatischen Kampfszenen und das Charisma des 151 cm kleinen Hauptdarstellers Bruce Lee, der sich gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit (meist) nur mit bloßen Händen und Füßen wehrte. Dies war der letzte Film, den der Grenzgänger zwischen chinesischer und amerikanischer Kultur fertigstellen konnte. 1973 starb er 33jährig unter mysteriösen Umständen. Der Stoff aus dem Mythen gemacht werden: Im Bett einer chinesischen Geliebten dahinzuscheiden, obwohl verheiratet mit einer Amerikanerin, und darüberhinaus Gerüchte, daß Drogen im Spiel waren. Tatsächlich war Lee schon längst eine Pop-Ikone. Mit seinen Postern waren die Jugendzimmer von Kingston bis Eberschwang tapeziert. Wieder einmal wurde aus einem BRAVO-Starschnitt Altar und Projektionsfläche von Wünschen und Träumen. Um seine eigenen hatte der in San Francisco geborene und in Hongkong aufgewachsene Lee immer hartnäckig gekämpft. So »sampelte« er sich seinen persönlichen Kung Fu-Stil aus verschiedenen altüberlieferten Kampfformen. Deshalb, und weil er in den USA auch Nicht-Chinesen in den Selbstverteidigungstechniken unterrichtete, zog er sich den Zorn der traditionsfixierten Chinesen zu. Obwohl er bereits als Kind in Hong-kong in über 20 Filmen gespielt hatte, gelang es ihm nicht, in Hollywood Fuß zu fassen. Einige kleinere TV-Rollen und ein Filmauftritt, in dem er aus Möbeln Zahnstocher machen durfte, waren die magere Ausbeute. Dabei konzipierte Lee auch die bereits erwähnte Kultserie »Kung Fu« mit. Für die Hauptrolle erachteten ihn die Produzenten dann aber als »zu klein und zu chinesisch«! Auf diese rassistische Behandlung reagierte er 1971 mit seiner Rückkehr nach Hongkong, wo er das althergebrachte Studiosystem, das jeden Schauspieler als Eigentum der Filmgesellschaften betrachtete, aufzumischen begann. Dank des weltweiten Erfolgs erkämpfte er sich tatsächlich eine Sonderstellung, und beim dritten Streifen »Die Todeskralle schlägt wieder zu« (1972), durfte er nicht nur Chuck Norris panieren, sondern auch noch Buch und Regie übernehmen. Die Grenzen zwischen Kino und Realität verwischen beim Rebellen Lee. Das macht ihn weltweit zur Identifikationsfigur für alle Ghetto-helden. Die Botschaft ist klar: der Underdog triumphiert physisch und moralisch über den Unterdrücker.